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Niemand wird behaupten wollen, dass NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers nicht gern mit den Menschen im Lande spricht. Erst letzten Donnerstag diskutierte er mit NRZ-Lesern über Schule, Bergbau, Güterverkehr und Hartz IV. Dass Rüttgers dabei auch Werbung in eigener Sache betreibt, ist naheliegend, aber durchaus legitim.

Überhaupt nicht in Ordnung ist jedoch, wenn seine CDU den ersten Mann im Lande an zahlungskräftige Unternehmen vermieten will. Denn nichts anderes bedeutet es, wenn die Landes-CDU Gespräche mit dem Ministerpräsidenten auf dem Parteitag am 20. März gegen Tausende von Euro feilbietet. Jeden Normalbürger wird es vor den Kopf stoßen, wenn der Ministerpräsident seine Zeit für viel Geld verscherbelt.

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üttgers wird diesen verheerenden Eindruck geahnt haben, als er seinen CDU-Generalsekretär Hendrik Wüst in ungewohnt scharfer Form zurückpfiff. Und dass Wüst sogleich auf die Knie fiel und sich entschuldigte, lässt vermuten, wie sehr es hinter den Kulissen geknallt hat.

Es war nicht das erste Mal, dass der forsche Wüst auffiel: Erst vor wenigen Wochen geriet er wegen zu viel kassierter Krankenkassen-Zuschüsse in die Kritik, davor gab’s Ärger, weil er SPD-Politiker bei Auftritten filmen ließ. Doch immer wieder wurde er von Rüttgers gestützt. Spätestens nach diesem Wochenende ist Wüst aber zu einer echten Belastung für die CDU geworden – und das zweieinhalb Monate vor der wichtigen Wahl in NRW. Die Nerven bei den Christdemokraten liegen jetzt nicht mehr nur wegen der FDP blank.

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ehr befremdlich bleibt, dass nicht nur CDU-Parteitage Stände an Unternehmen vermieten, auch bei anderen ist dies üblich. Offensichtlich schenken die Parteien am liebsten jenen ihre Gunst, die zu zahlen bereit sind. Wer wenig oder kein Geld hat, bleibt außen vor. – Genau dieses Gefühl von Ungerechtigkeit bleibt zurück, nachdem Herr Wüst auch noch den Ministerpräsidenten „verkaufen“ wollte.