Berlin. .
Die türkische Gemeinde In Deutschland stellt bei jungen Migranten immer häufiger ein fehlendes „Zugehörigkeitsgefühl“ gegenüber der BRD fest. Deshalb solle Kanzlerin Merkel sich mehr in der Integrationspolitik engagieren. Zudem seien viele Muslime durch die Minarett-Debatte verunsichert.
Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, fordert von der Bundesregierung verstärkte Anstrengungen in der Integrationspolitik. In den ersten 100 Tagen der schwarz-gelben Koalition sei bei diesem Thema nicht viel geschehen, sagte Kolat am Sonntag. Er fügte hinzu: „Ich hätte etwas mehr Bewegung erwartet.“
Kolat warnte, bei den jungen Migranten gebe es zunehmend eine „Entfremdung“ gegenüber der Bundesrepublik. Ihnen müsse mehr als bisher ein „Zugehörigkeitsgefühl“ vermittelt werden. Entsprechende Signale sollten auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kommen. Auch der Islamrats-Vorsitzende Ali Kizilkaya hält ein größeres Engagement von Merkel für notwendig.
Gemeinsame Veranstaltung
Kolat bot der Kanzlerin an, gemeinsam eine große Veranstaltung für Migranten zu organisieren. Dies habe er bereits vor zwei Jahren nach dem umjubelten Auftritt des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan in Köln vorgeschlagen. Bislang sei daraus aber leider nichts geworden.
Kolat mahnte: „Die Menschen wollen Nestwärme - und sich aufgenommen fühlen.“ Erdogan sei „als Kümmerer“ gekommen und habe den türkischen Migranten gesagt, dass er für sie da sei. Der Vorwurf, dies sei eine Einmischung in deutsche Angelegenheiten gewesen, treffe nicht zu. Vielmehr habe der Erfolg der Kölner Kundgebung vom 10. Februar 2008 die „Schwäche der Integrationspolitik in Deutschland“ gezeigt.
Kolat fügte hinzu: „Ich hätte mir gewünscht, dass die Bundeskanzlerin damals so eine Veranstaltung gemacht hätte.“ Auch aktuell gebe es weiter Handlungsbedarf. So müsse etwas gegen die „zunehmende Islamophobie“ in Deutschland unternommen werden. Hierbei seien auch die Kirchen und Gewerkschaften gefordert. Kolat berichtete: „Wenn ich die Kommentare in Internet-Foren zu Äußerungen von mir oder anderen Migranten lesen, dann wird darin manchmal eine Wut deutlich, die mir Angst macht.“ Es müsse „alles für ein friedliches Zusammenleben getan werden“.
Positive Impulse gegen Vorurteile gefordert
Kizilkaya sagte in einem ddp-Interview, viele Muslime seien wegen der Debatte über den Bau von Minaretten verunsichert. Deshalb könne es ein wichtiges Signal sein, wenn sich die Kanzlerin persönlich einbringe und mit positiven Impulsen gegen Vorurteile eintrete. Kizilkaya regte zudem eine rasche Sitzung der Deutschen Islamkonferenz an. Es gebe viel Diskussionsbedarf. Die bisherigen Treffen hätten leider noch keine „nachhaltigen Ergebnisse“ geliefert.
Kizilkaya mahnte zugleich mit Blick auf die Mitglieder der Islamkonferenz: „Personen, die die Zukunft der Muslime in Deutschland mitgestalten, sollten ein Mindestmaß an Legitimation durch die muslimische Bevölkerung vorweisen können.“ Dagegen werde der Erfolg der Beratungen gefährdet, wenn der Staat einseitig einige unabhängige Leute einfach zu den Vertretern sogenannter nicht-organisierter Muslime ernenne. Schließlich müssten die Vertretenen auf die Ergebnisse der Islamkonferenz auch Einfluss nehmen und sich mit diesen „identifizieren“ können.
Kizilkaya wies ferner den Vorwurf des Berliner Innensenators Ehrhart Körting (SPD) zurück, dass sich die türkische Regierung zu stark in das Leben von Migranten in Deutschland einmische. Als Beispiel hatte Körting kürzlich den Auftritt von Erdogan vor zwei Jahren in Köln genannt. (ddp)