Frankfurt. .

Die Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) lehnen ein Erstattungsverbot für Homöopathie-Kosten ab. Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) hält derweil grundsätzlich an der Naturheilkunde fest.

„Es kann nicht sein, dass in der vergangenen Woche die nächste Honorarerhöhung für Ärzte diskutiert wurde und in dieser Woche Leistungskürzungen für die Versicherten“, sagte der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz, der „Frankfurter Rundschau“ (Dienstagausgabe). Dass einige Kassen homöopathische Leistungen anbieten und andere nicht, zeuge von funktionierendem Wettbewerb untereinander.

Auch die SPD im Bundestag lehnt die Forderung ihres Gesundheitsexperten Karl Lauterbach ab, den GKV die Erstattung zu untersagen. „Herr Lauterbach vertritt damit eine Einzelmeinung“, sagte Carola Reimann, SPD-Abgeordnete und Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, der Zeitung.

Die Deutsche Angestellten-Krankenkasse sieht Klärungsbedarf. „Im Wettbewerb mit anderen Kassen können solche Zusatzleistungen wichtig sein“, sagte ihr Sprecher Jörg Bodanowitz, dem Blatt. Der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Kassen und Kliniken müsse jedoch zuerst die medizinische Frage klären. „Immerhin kann auch die Nicht-Wirksamkeit eines Medikamentes ein gesundheitliches Risiko bedeuten“, sagte Bodanowitz.

„Nichts spricht gegen Wahltarife“

Zuvor hatte Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) im Streit um ein Verbot von Homöopathie

auf Kassenkosten grundsätzlich an der Naturheilkunde festgehalten. Dabei setzt er vor allem auf die sogenannten Wahltarife, die Versicherte zusätzlich abschließen können. „Grundsätzlich spricht nichts gegen Wahltarife, auch nicht bei der Homöopathie. Wenn eine Krankenkasse diesen Weg geht, kann uns sollte ihr das nicht verwehrt werden.“ Entscheidend sei, dass die Allgemeinheit nicht belastet werde.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hatte sich am Wochenende dafür ausgesprochen, die Alternativmedizin aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen zu streichen. Unterstützung erhielt er vom CDU-Gesundheitsexperten Jens Spahn, der sich bereit zeigte, ein Verbot von Homöopathie auf Kassenkosten zu prüfen. „Wir haben Wahltarife für Homöopathie seinerzeit auf Wunsch von SPD und Grünen eingeführt“, sagte Spahn und fügte hinzu: „Sollte die SPD veränderungsbereit sein, können wir sofort darüber reden.“

„Großteils nicht verschreibungspflichtig“

Das Bundesgesundheitsministerium stellte jedoch klar, dass die meisten Naturheilmittel ohnehin nicht erstattungsfähig sind. „Grundsätzlich gilt, dass Arzneimittel aus diesem Bereich zum großen Teil nicht verschreibungspflichtig sind“, sagte eine Sprecherin des Ministeriums. Es gebe Ausnahmen bei Kindern und schweren Erkrankungen, das lege jedoch der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Krankenhäusern fest. Das Volumen sei „ganz, ganz gering“.

Der Versicherte muss vielmehr entweder einen zusätzlichen Wahltarif abschließen oder Mitglied einer Krankenkasse sein, die einen Vertrag zur sogenannten integrierten Versorgung mit dem „Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte“ hat. Gesicherte Zahlen dazu liegen nicht vor.

Einige bieten Wahltarife

Wie ein Sprecher des GKV-Spitzenverbands erläuterte, haben rund 100 Kassen solche Verträge abgeschlossen, an denen die Versicherten freiwillig teilnehmen können. Lediglich 17 bieten demnach Wahltarife zur Erstattung homöopathischer Arzneimittel an.

Eine der Kassen, die einen Vertrag zur integrierten Versorgung abgeschlossen hat, ist die Techniker Krankenkasse TKK. Nach Angaben eines TKK-Sprechers nutzen lediglich 0,5 Prozent der Versicherten der TKK das Angebot, bei der ärztlichen Versorgung auch auf homöopathische Medizin zurückgreifen zu können.

Grüne und Linke ablehnend

Grünen-Chefin Roth.                 Foto: ddp
Grünen-Chefin Roth. Foto: ddp

Grüne und Linke lehnten den Vorstoß zum Verbot von Homöopathie auf Kassenkosten daher ab. „Große Einsparmöglichkeiten im Gesundheitswesen liegen nicht bei den Kleinbeträgen für Homöopathie, sondern bei den gigantischen Summen im Bereich der klassischen Schulmedizin“, sagte Grünen-Chefin Claudia Roth. Jetzt die Homöopathie als vermeintlichen Kostenfaktor in den Mittelpunkt der Diskussion zu rücken, gehe am eigentlichen Thema vorbei. Auch die Linke-Politikerin Martina Bunge bezeichnete die Vorschläge als „nicht zielführend“.

Der GKV-Spitzenverband lehnte das Ansinnen ebenfalls ab. „Dass einige Kassen diese Leistungen anbieten und andere nicht, ist ein sichtbarer Ausdruck für die Verschiedenheit der einzelnen Krankenkassen und zeugt von dem funktionierenden Wettbewerb untereinander“, sagte der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz. „Hier beginnt eine Debatte in die völlig verkehrte Richtung zu laufen“, fügte er hinzu.

„Mehr Wettbewerb bei den Kassen“

Auch Rösler betonte den Wettbewerbsaspekt: „Wir wollen mehr Wettbewerb bei den Kassen“, sagte er. Und genau darum gehe es bei den Wahltarifen. „Damit können sich die Kassen voneinander abgrenzen und den Versicherten attraktive Angebote unterbreiten.“ Zugleich kündigte er an, die Wahltarife - allerdings unabhängig von der Homöopathie - noch einmal auf den Prüfstand zu stellen. (ddp)