Den Haag. .
Der Ex-Serbenführer Radovan Karadzic weist zurück, was ihm vom UN-Kriegsverbrechertribunal vorgeworfen wird. Den Kampf der Serben im Bosnienkrieg bezeichnete er als „gerecht und heilig“. Die Muslime hätten den Krieg provoziert.
Bei seiner ersten Stellungnahme vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal hat der frühere Serbenführer Radovan Karadzic den Kampf der Serben im Bosnienkrieg als „gerecht und heilig“ bezeichnet. Die Schuld für den Konflikt mit 100.000 Toten liege bei den Führern der bosnischen Muslime, sagte Karadzic. Die bosnischen Serben seien dagegen nie für eine „Kriegslösung“ gewesen und hätten „um des Friedens willen“ viele Zugeständnisse gemacht, sagte Karadzic. „Es gab niemals die Absicht, die Idee oder noch weniger einen Plan, die Muslime und Kroaten aus Bosnien zu vertreiben.“ Bei dem Krieg sei es einzig um den Schutz „unserer Köpfe, unseres Eigentums und unserer Gebiete“ gegangen, sagte der Ex-Serbenführer.
Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Karadzic muss sich wegen Völkermordes, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Bosnienkriegs (1992-95) verantworten. Im Mittelpunkt der Anklage steht das Massaker von Srebrenica, bei dem mehr als 7000 muslimische Jungen und Männer getötet wurden. Die insgesamt elf Anklagepunkte beziehen sich auch auf die fast zweijährige Belagerung von Sarajevo, während der rund 10.000 Menschen ums Leben kamen.
Karadzic war im Juli 2008 nach 13 Jahren auf der Flucht in Belgrad gefasst worden. Ihm droht für den Fall einer Verurteilung lebenslange Haft. Beim Prozessbeginn im vergangenen Oktober hatte Staatsanwalt Alan Tieger ihm vorgeworfen, er habe „die Kräfte des Nationalismus, des Hasses und der Angst genutzt, um seine Vision eines ethnisch geteilten Bosnien umzusetzen“.
In schwarzem Anzug kündigte Karadzic an, „unsere Nation und ihre gerechte und heilige Sache“ zu verteidigen. „Auf diese Weise werde ich im Stande sein, mich ebenfalls zu verteidigen“, sagte der 64-Jährige, der auf nicht schuldig plädiert. Karadzic legte dem Gericht eine Reihe von Videos und Dokumenten als Beweismittel vor. Für die einleitende Stellungnahme des Ex-Serbenführers waren zwei Tage angesetzt; danach erhält die Anklage das Wort.
Erster Zeuge soll am Mittwoch aussagen
Am Mittwoch soll bereits der erste Zeuge, dessen Identität geheim gehalten wird, vor dem UN-Tribunal gegen Karadzic aussagen. Der Ex-Serbenführer setzte sich allerdings für eine weitere Verschiebung des Verfahrens bis Juni ein, um zusätzliche Akten der Staatsanwaltschaft durchzuarbeiten, die nach seiner Darstellung allein seit Oktober einen Umfang von 400.000 Seiten umfassen. Sollte dem Antrag nicht stattgegeben werden, werde Karadzic der Verhandlung am Mittwoch wieder fernbleiben, sagte dessen Rechtsberater Marko Sladojevic.
Bereits die ersten drei Verhandlungstage im Oktober hatte Karadzic mit der Begründung boykottiert, dass ihm nicht genug Zeit für das Aktenstudium gegeben worden sei. Karadzic wollte sich ursprünglich selbst verteidigen. Wegen des Boykotts entschied das Tribunal Anfang November, den Briten Richard Harvey zum Pflichtverteidiger zu berufen. Dagegen legte Karadzic vergeblich Widerspruch ein. Sollte er seinen Boykott fortsetzen, würde Harvey die Verteidigung führen. (afp)