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Im rot-grünen Koalitionsvertrag wird nicht nur eine Wende der Energiepolitik in NRW eingeleitet. Es geht um mehr. SPD und Grüne führen einen Großangriff auf den bislang wichtigsten Energieträger des Landes: die Kohle.
Die Kohle ist kurz vor dem Ende. Dies kann man schon am Beispiel des Kohlekraftwerkes in Datteln sehen. Für das nahezu fertiggebaute Milliardenprojekt von Eon sind die Aussichten, doch noch ans Netz zu gehen, weiter gesunken. Denn Rot-Grün hat die Daumenschrauben angelegt.
Die „Lex Eon“ soll gekippt werden. Das heißt: Klimaschutz, erneuerbare Energien und Kraft-Wärme-Kopplung (Nutzung der Abwärme aus den Kraftwerken) werden wieder als gesetzliche Landesziele verankert. CDU und FDP hatten die Paragrafen zugunsten von Eon gestrichen, weil das Oberverwaltungsgericht in Münster die Baugenehmigung des Mega-Steinkohleblocks für nichtig erklärt hatte, da bei der Planung des Kraftwerks eben jene Grundsätze vernachlässigt worden waren.
Klimaschutzgesetz soll her
Ohne „Lex Eon“ muss der Stromkonzern wieder bei null anfangen. Gleichzeitig geht die SPD, die bislang an Datteln als industriepolitisch bedeutsames Projekt festgehalten hatte, weiter auf Distanz. Man gebe Eon die Gewähr, das Kraftwerk nicht schlechter zu stellen als zum Zeitpunkt der Antragstellung 1995, so SPD-Unterhändler Nobert Römer. De facto aber heißt das: Die Gerichte sollen entscheiden, die Politik hält sich raus.
Mehr noch: Künftig sollen Kohlekraftwerke nur noch dann genehmigt werden, wenn der Betrieb nicht im Widerspruch zu den Klimaschutzzielen steht. Das wollen SPD und Grüne in einem Klimaschutzgesetz festschreiben. Es soll zum zentralen Instrument in der Energiepolitik werden. „Erneuerbaren Energien ist der Vorrang vor allen anderen Energieträgern einzuräumen“, heißt es. Die Grünen glauben: Für den fossilen Kraftwerkspark hat die Endzeit begonnen. Mittelfristig will die Landesregierung die Zahl der Standorte für Großkraftwerke von 36 auf ein halbes Dutzend reduzieren.
Angriff auf Braunkohle
Damit nicht genug. Selbst bislang heilige Kühe werden aus dem Artenschutz entlassen. Die Braunkohle etwa wird zum Auslaufmodell degradiert. So heißt es im Koalitionsvertrag, im Braunkohlerevier soll ein Strukturwandel eingeleitet werden, wie man ihn aus dem Ruhrgebiet kennt. So soll aus dem Gebiet um Garzweiler eine „Innovationsregion Rheinisches Revier“ werden. Gemeinsam mit dem Versorger RWE Power soll eine Reduktion des CO2-Ausstoßes um 95 Prozent bis 2050 verabredet werden. Faktisch bedeutet dieser Punkt das absehbare Ende der Braunkohleverstromung – eine 95-prozentige Senkung ist eigentlich nur zu erreichen, wenn die Kraftwerke ausgeschaltet werden.
Zudem ergibt sich aus dem Vertrag, dass Rot-Grün keinen weiteren Tagebau wie Garzweiler genehmigen wird. Das heißt: Sobald die erschlossenen Lagerstätten ausgebeutet sind, wäre sowieso Schluss mit der Braunkohle. In Garzweiler wird dies etwa 2045 der Fall sein.
Zuletzt muss auch die Steinkohlefraktion unter dem Angriff von Rot-Grün leiden. Man halte sich an den Ausstiegsplan für 2018, heißt es. Allein 2012 soll noch mal geschaut werden, ob der weitere Bergbau machbar ist. Allerdings unter Finanzvorbehalt. Nur wenn NRW nichts bezahlen muss, darf auch weiter Kohle geschürft werden.