Paris..

Der Vorwurf illegaler Parteienfinanzierung hat Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy in die schwerste Krise seiner Amtszeit gestürzt. Die konservative Regierungspartei UMP habe für Sarkozys Wahlkampf 2007 eine rechtswidrige Parteispende in Höhe von 150.000 Euro von der reichsten Frau Frankreichs, Liliane Bettencourt, angenommen.

Über dem Präsidentenpalast in Paris braut sich ein monströses Unwetter zusammen. Ein Orkan, der so gefährlich ist, dass die Zeitung „Le Monde“ in düsterer Vorahnung bereits leise das Totenglöcklein für Nicolas Sarkozy klingelt. „Ein mörderischer Sommer“ drohe dem Hausherrn im Elysée, orakelt das renommierte Blatt in Anspielung auf den preisgekrönten Isabelle-Adjani-Film.

Frühere Bettencourt-Buchhalterin belastet Eric Woerth

Eric Woerth, UMP-Schatzmeister und bis zum Frühjahr Budgetminister. (Foto: afp)
Eric Woerth, UMP-Schatzmeister und bis zum Frühjahr Budgetminister. (Foto: afp) © AFP | AFP





Claire T., die frühere Buchhalterin der L’Oréal-Erbin Liliane Bettencourt (87), hat am Montagabend ausgepackt: zuerst gegenüber der „Brigade zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität“, danach gegenüber dem Internetdienst „Mediapart“. Sollten sich ihre explosiven Enthüllungen bewahrheiten, dann wurde Sarkozys Präsidentschaftswahlkampf 2007 mit illegalem Geld, darunter Schwarzgeld aus der Schweiz, finanziert. Ein delikater Vorwurf, den der Elysée gestern entrüstet dementierte.

150.000 Euro in bar soll der Bettencourt’sche Vermögensverwalter Patrice de Maistre dem Schatzmeister der Präsidentenpartei UMP 2007 in Paris überreicht haben. Dieser heißt Eric Woerth, er ist UMP-Schatzmeister und war bis zum Frühjahr Budgetminister. Zusammen mit seiner Frau Florence steht der Politiker seit Wochen wegen möglicher Verquickungen in der Bettencourt-Affäre unter dringendem Mauschelverdacht. Obwohl die Luft für den Arbeitsminister von Tag zu Tag dünner wird, schloss er am Dienstag einen Rücktritt demonstrativ aus.

Finanzbehörden mit auffälligem Desinteresse

L’Oréal-Erbin Liliane Bettencourt: Die französischen Finanzbehörden zeigten ein ungewöhnlich auffälliges Desinteresse am Privatvermögen der reichste Frau Frankreichs. (Foto: afp)
L’Oréal-Erbin Liliane Bettencourt: Die französischen Finanzbehörden zeigten ein ungewöhnlich auffälliges Desinteresse am Privatvermögen der reichste Frau Frankreichs. (Foto: afp) © AFP | AFP





Jahrzehnte lang haben die reichste Frau Frankreichs – geschätztes Vermögen: 30 Milliarden Euro – und ihr 2007 verstorbener Mann André Bettencourt, ein Senator, französische Spitzenpolitiker mit Bargeld versorgt, vornehmlich jene aus dem gaullistischen Lager. Zufall oder auch nicht: Die französischen Finanzbehörden zeigten ein ungewöhnlich auffälliges Desinteresse am Privatvermögen der Bettencourts. Das änderte sich schlagartig, als vor wenigen Tagen die heimlichen Mitschnitte des Butlers auftauchten. Diese sollen eigentlich nachweisen, dass die betagte L’Oréal-Erbin sich von dem Fotografen Francois-Marie Banier hat ausnehmen und um fast eine Milliarde Euro erleichtern lassen. Aber der Lauschangriff führt die Ermittler auch auf die Spur von 78 Millionen Euro, die die Vermögensverwaltung „Clymène“ am Fiskus vorbei in die Schweiz geschafft hatte. Philippe Courroye, der Staatsanwalt von Nanterre, hat bereits ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung eingeleitet.

Claire T., 13 Jahre lang in Diensten der L’Oréal-Erbin, will sich genau an den Tag erinnern, an dem die illegale Parteienspende an das Sarko-Team floss. „Es war der 26. März 2007“, sagt sie. Patrice de Maistre habe sie aufgefordert, 150.000 Euro von der Bank abzuheben. „Doch ich hatte nur eine Vollmacht über 50.000 Euro“, behauptet sie. Daraufhin habe Maistre rasch dafür gesorgt, dass weitere 100.000 Euro illegal aus der Schweiz herbeigeschafft wurden. Sehr schnell sei dann ein Essen mit Eric Woerth arrangiert worden. „Maistre war sehr stolz, mit Sarkozy in Kontakt zu kommen“, sagt Claire T.

Sarkozy seit den Achtzigern mit Bettencourts befreundet

Nicolas Sarkozy erfreut sich schon seit Anfang der achtziger Jahre der Freundschaft der Bettencourts. Als Bürgermeister des Pariser Promi-Vorortes Neuilly dinierte er mit seiner zweiten Frau Cécilia regelmäßig im Bettencourt-Palais. „Nicolas Sarkozy erhielt nach dem Essen seinen Briefumschlag“, erinnert sich die Ex-Buchhalterin. Der Senator, genannt „Dédé“, und Liliane Bettencourt, beide schwerhörig, hätten sehr laut darüber gesprochen. „So wusste jeder im Hause, dass Nicolas Sarkozy mal wieder wegen des Geldes gekommen war.“

Florence Woerth sei Ende 2007 in die Dienste von „Clymène“ eingetreten – laut Claire T. mit einem üppigen Monatsgehalt von 13.000 Euro und 50.000 Euro Jahresprämie. Sie und ihr Mann bestreiten hartnäckig, von der Steuerhinterziehung der Bettencourt-Millionen in der Schweiz gewusst zu haben. Erst unter öffentlichem Druck gab Florence Woerth vor zwei Wochen ihren Job bei „Clymène“ auf.

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