Essen. Der erfolgreiche bayerische Volksentscheid für ein strengeres Rauchverbot hat zunächst keine Signalwirkung für NRW. Eine Abstimmung ist zurzeit wenig wahrscheinlich. .

„Der 4. Juli ist nicht mehr nur der amerikanische Nationalfeiertag, sondern nun auch der Nichtraucher-Freiheitstag“, jubilierten die Mitglieder des Vereins „Pro Rauchfrei“ auf ihrer Internetseite. Hintergrund: Mit dem Volksentscheid in Bayern feiern die Gegner des blauen Dunstes einen großen Erfolg. 61 Prozent der Wähler hatten für ein kategorisches Rauchverbot gestimmt.

Allerdings scheint seit gestern fraglich, ob die Signalwirkung, die sich die Initiatoren für andere Bundesländer er­hoffen, NRW erreicht. Ein Volksbegehren für einen restriktiven Nichtraucherschutz ist zurzeit nicht in Sicht.

Und: SPD und Grüne konnten sich in den Koalitionsverhandlungen nicht auf ein strengeres Gesetz zum Nichtraucherschutz einigen. Vor zehn Tagen hieß es noch, dass Rot-Grün den „Wildwuchs von Raucherclubs“ be­enden wolle. Doch nun will man sich anscheinend mit Einzelverordnungen behelfen. „Wir wollen keinen Schnellschuss, streben aber eine Neuregelung in NRW an“, so Grünen-Landesvorsitzender Sven Lehmann.

Helmut Weber dürfte dieses Ergebnis auf die Palme bringen. Der NRW-Landesvorsitzende des „Nichtraucher-Schutzbundes“ bezeichnet die NRW-Variante des Nichtraucherschutzgesetzes als „das schlechteste in Deutschland“ – und er nimmt kein Blatt vor den Mund, wer seiner Meinung nach dafür die Verantwortung trägt: „Die FDP spielt die Helferfunktion für die Tabakindustrie.“

Seit 40 Jahren kämpft Weber, früher Beamter im NRW-Gesundheitsministerium, gegen die gesundheitsschädliche Glut. Noch in der vergangenen Woche hatte er ein offenes Schreiben an die Abgeordneten im Düsseldorfer Landtag geschickt. Für Weber lässt sich ein Gesetz in nur zwei Sätzen formulieren.

Erstens: Niemand darf ohne sein ausdrückliches Einverständnis Tabakrauch ausgesetzt werden. Zweitens: Kinder, Jugendliche oder Personen, die sich nicht selbstbestimmt äußern können oder sich in einem Abhängigkeitsverhältnis befinden, dürfen in keinem Fall und an keinem Ort Tabakrauch ausgesetzt werden.

Viele Ausnahmen

Weber hofft, dass in NRW aus dem „schlechtesten das beste Gesetz gemacht wird“. Auch die vielen Ausnahmen und Genehmigungen müssten entfallen. Weber: „Ich hoffe, dass NRW die bayerischen Regelungen eins zu eins übernimmt und am besten noch etwas draufsattelt.“

Beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) sieht man dies anders. „Die Situation in NRW mit ihrem liberalen Grundgepräge hat sich eingespielt“, so NRW-Sprecher Thorsten Hellwig. Seit Einführung des Gesetzes 2008 seien tausende neue Nichtraucherangebote entstanden. Dies habe eine Um­frage des Verbands ergeben. In NRW solle man die Evaluierung des Gesetzes durch den Gesundheitsminister abwarten, ehe Änderungen vorgenommen werden. Ein absolutes Rauchverbot sei allerdings fatal, so Hellwig, „und wir werden alles tun, damit es soweit nicht kommt. Ein Volksentscheid ist kein geeignetes Mittel, um darüber zu entscheiden, ob in der Eckkneipe geraucht wird oder nicht.“

Hoher Schaden

Den Hinweis auf Umsatzeinbußen und Arbeitsplätze weist Weber zurück. Eine Vielzahl von Studien hätten dies widerlegt. „Die Gäste kommen zurück.“ Darüber hinaus seien die me­dizinischen Folgekosten in Höhe von etwa 50 Milliarden Euro deutlich höher als die Steuereinnahmen. Weber: „Rauchen führt zu im­mensem volkswirtschaftlichen Schaden.“

Ein Volksbegehren hält We­ber zurzeit für wenig wahrscheinlich. Dies würde enorm viel Zeit und Personal beanspruchen. Der Verein arbeite ehrenamtlich. Ausschließen will er aber nichts. „Wir wären im Tollhaus, wenn uns die Politik dazu zwingen würde.“