Brüssel. .
Härtere Strafmaßnahmen, effektive Ermittlungsbehörden und technische Lösungen - das fordern die Christdemokraten im Europaparlament in der Debatte um Internetsperren.
Der Aufschrei war groß, als EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström im März die Sperrung von Websites forderte. Die Schwedin führt einen leidenschaftlichen Kampf gegen die Kinderpornographie im Internet. Bei einer Anhörung der Christdemokraten im Europaparlament war jetzt der Ruf nach technischen Lösungen, effektiveren Ermittlungsbehörden und härteren Strafmaßen zu hören.
EU-Kommissarin Malmström wirbt, als Teil eines ganzen Maßnahmenpaketes, für die Löschung kinderpornographischer Inhalte. Wo das nicht rasch umsetzbar ist, setzt sie sich für eine Sperrung der betreffenden Internetseiten ein. Derzeit blockieren Finnland, Dänemark, Italien, Großbritannien oder Schweden bereits fragwürdiges Material. Ohne, dass dort deswegen die Demokratie ins Wanken geriete, wie Malmström betont.
Anflug von Verzweiflung
„Ich höre eine Menge Kritik an Sperren aber nicht einen einzigen Vorschlag dazu, was wir stattdessen machen sollen“, sagte Malmström mit einem Anflug von Verzweiflung. Internetsperren seien die zweitbeste Lösung, aber ein Teil der weniger versierten Nutzer könne dadurch abgeschreckt werden, hofft die EU-Kommissarin. Zumal die Gespräche mit den USA über die Löschung von Material auf US-Servern stockend vorangehen.
Doch das Internet trägt nicht nur zur Verbreitung von kinderpornographischem Material bei, es entstehen auch neue Formen des Missbrauchs. Vermeintlich vertraute Netzbekanntschaften verleiten Kinder und Jugendliche zu Handlungen etwa vor der Webcam und nutzen die ersten, vergleichsweise harmlosen Bilder, um mehr zu erzwingen. „Ohne, dass es jemals zum physischen Kontakt käme“, sagt Julia von Weiler vom Opferverband „Innocence in Danger“.
Die Organisatorin der gestrigen Anhörung, die Europaabgeordnete Sabine Verheyen, möchte vor allem der Täter habhaft werden und die Sperr-Entscheidung in den Händen der Mitgliedsstaaten belassen. Sie fordert neben der Aufklärung über die Gefahren der Spielwiese Internet eine Erhöhung des Strafmaßes. „Hat das Kind auch Bewährung gehabt?“, fragt die CDU-Frau mit Blick auf die häufige Strafaussetzung.
Abschreckung funktioniert nicht
Frank Neubacher, Direktor des Instituts für Kriminologie der Uni Köln, hält von solchen Forderungen wenig. Das deutsche Strafgesetz sieht für den Besitz oder die Verbreitung kinderpornographischer Inhalte ebenso wie für den Missbrauch selbst Strafen von bis zu zehn Jahren vor. Kommt es zum Geschlechtsverkehr, ist eine Bewährungsstrafe ausgeschlossen. Abschreckung funktioniert nicht, glaubt der Rechtswissenschaftler: Täter handeln oft nicht rational und sie gehen nicht von Entdeckung aus. „Wir brauchen vor allem qualifizierte und gut ausgerüstete Strafverfolgungsbehörden“, sagt Neubacher, der hier eine deutliche Verbesserung im Vergleich zu den 90er Jahren ausmacht.
Fahndungserfolge sieht auch der Chef der europäischen Polizeibehörde Europol. Den Kampf gegen die Kinderpornographie bezeichnet er als „einen unserer erfolgreichsten Aufgabenbereiche in den vergangenen zehn Jahren“ und spricht von zwanzig Langzeitermittlungen und mehr als 2000 ermittelten Verdächtigen innerhalb dieser Zeit. Zur Größenordnung des Problems wissen die Ermittler indes wenig zu sagen - im Gegensatz zu den Opfern gelingt es den Täter häufig genug, im Schatten zu bleiben.