Berlin. .

Im Ministerium wiegeln sie ab. „Es gibt bis dato keine Festlegungen.“ Dabei ist es ein offenes Geheimnis, dass Ursula von der Leyen (CDU) eine Reparatur der Hartz-Gesetze in Angriff nehmen will. Noch im August will die Sozialministerin mit ihren Länderkollegen darüber sprechen. Die Operation ist zwingend, aber voller Tücken.

Der Finanzminister sollte mehr Geld genehmigen. Die Länder, die im Bundesrat zustimmen müssten, würden akzeptieren, dass der Bund – über die Hartz-Hilfen – in der Bildungspolitik mitredet. Denn: Der Clou der Reform ist, dass der Staat den Regelsatz für Kinder nicht an die Familien auszahlt, sondern stattdessen Gutscheine für einen klaren Zweck verteilt, gerade für Bildungsausgaben.

Die Reform ist die Folge der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Die Richter hatten im Februar verlangt, den tatsächlichen Bedarf der Hilfsempfänger zu ermitteln; bei den Kindern just die Ausgaben für Schule, Sport und Freizeit zu berücksichtigen.

Von der Leyen ließ sich nicht zweimal bitten. Bereits Anfang Juli legte sie ein Konzept vor. Für die Kinder plant sie einen „Rechtsanspruch“ auf Bildung. Der Bund nimmt die Förderung der Kinder ärmerer Familien in die Hand: Mit Gutscheinen für Nachhilfe, für Lernmaterial, für Mitgliedschaften in Vereinen.

Bund trägt die Kosten

Die Kosten werden elektronisch im Hintergrund abgerechnet. Recklinghausen und Stuttgart mit einer Chipkarte für Kinder sind die Vorbilder. Der Plan setzt voraus, dass sich Kommunen, Agentur für Arbeit und Bund abstimmen. Im Etat hat Finanzminister Schäuble (CDU) 480 Millionen Euro eingestellt.

Ob sie wohl reichen? Wie der „Spiegel“ berichtet, will von der Leyen die Sätze für Erwachsene auch erhöhen, nach vorläufigen Berechnungen sogar spürbar: bei Alleinstehenden von 359 auf 400 Euro im Monat. Teuer wird für Schäuble auch ein weiterer Plan aus dem Hause von der Leyen: Die Hartz-Sätze sollen nach Inflation und Nettolöhnen ausgerichtet werden. Bisher sind sie an die Rentenentwicklung gekoppelt. Schäuble müsste den Rechtsanspruch der Kinder und den Inflationsausgleich bei den Erwachsenen finanzieren. Eine beachtliche Selbstbindung.

Im August will von der Leyen in den Ländern vorfühlen. Sie hat zwei starke Argumente: Den Handlungsauftrag aus Karlsruhe und das Geld. Der Bund würde die Kos­ten tragen, wenn Hartz-IV-Kinder lernen, musizieren oder Sport treiben. Trotzdem sollte sie mit Kompetenzgerangel rechnen. Bildung ist Ländersache. Und nicht einmal in der Berliner Koalition will jedem einleuchten, warum von der Leyen sich so einmischt. „Wir müssen“, so ein FDP-Mann, „auch in den eigenen Reihen noch viel Überzeugungsarbeit leisten.“