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Der Regionalverband Ruhr steht nach Recherchen der WAZ-Mediengruppe unter erheblichem Druck. Finanzprobleme bedrohen wichtige Prestige-Projekte im Ruhrgebiet. Die Zeche Zollverein, der Gasometer oder die Jahrhunderthalle sind in Gefahr.

Ausgerechnet die Prestigeprojekte des Regionalverbandes Ruhr stehen derzeit unter Druck. Diese Landmarken, die jeder kennt. Zum Beispiel bei der Route der Industriekultur: der Gasometer in Oberhausen, die Zeche Zollverein in Essen, den Landschaftspark Nord in Duisburg, die Jahrhunderthalle in Bochum und die Kokerei Hansa in Dortmund. Der Verband sei derzeit nicht in der Lage, seine finanziellen Verpflichtungen zum dauerhaften Erhalt dieser Bauten zu erfüllen, heißt es in einem internen Bericht der Gemeindeprüfungsanstalt NRW (GPA) aus Herne. Der Abschlussbericht der GPA liegt der WAZ-Mediengruppe vor.

Die Prüfer schreiben, dass der Verband in einem Vertrag mit dem Land zwar garantiert, bis 2017 durchschnittlich 2,5 Millionen Euro im Jahr für den Erhalt der Anlagen zurückzulegen, allerdings habe er nicht das Geld, um sein Wort zu halten. Zudem kritisieren die Prüfer, dass sich der Verband zur Zahlung von weiteren rund 16 Millionen Euro verpflichtet habe, ohne für eine ausreichende Kontrolle zu sorgen.

Auf die lange Bank

Prestige-Projekt Gasometer in Oberhausen. Foto: Hans Blossey
Prestige-Projekt Gasometer in Oberhausen. Foto: Hans Blossey © Hans Blossey

Der RVR gibt zu, dass er vor allem mit der Zahlung der 2,5 Millionen Euro Probleme hat. Ein Sprecher: „Im Moment stellen wir das ein, was wir uns leisten können und was aktuell an den Standorten ge-braucht wird. Am Ziel, 25 Millionen Euro bis 2017 aufzubringen, ändert sich aber nichts.“ Will sagen: Aus Finanznot stellt der RVR Zahlungen zurück. Damit rollt auf ihn eine Welle zu. Spätestens 2017 muss er die Millionen zahlen, die er heute nicht hat.

Weiter sehen die Prüfer den Emscherlandschaftspark in Bedrängnis. Aufgrund einer abgesenkten Förderquote des Landes erhöhe sich der Eigenanteil des RVR erheblich. Statt wie bisher zehn Prozent der geplanten Investitionen muss der Verband nun 20 Prozent aufbringen. Nach Ansicht der Prüfer müsse deshalb die Gestaltung des Emscherraumes „zeitlich gestreckt“ werden. Sprich: Der Bau neuer Radwege sowie die Renaturierung von Halden soll auf die lange Bank. Alleine im vergangenen Jahr flossen in diese Projekte rund 6,5 Millionen Euro. Ein RVR-Sprecher bestätigte: „Für uns ist es ein Kraftakt, die Finanzierung noch hinzukriegen. Wir überlegen deswegen, die Projekte zu strecken.“

Auch der im Zuge der Kulturhauptstadt als besonders wichtig gepriesene Masterplan Kultur gerät massiv unter Druck. Ursprünglich sollten hier bis zu 20 Millionen Euro im Jahr an eine neue Kulturgesellschaft überwiesen werden, um damit regionale Projekte zu fördern. Dazu hätten besonders die Städte im Revier in die Tasche greifen müssen, wie die Prüfer feststellten. Kommunaler Widerstand ist programmiert. Und tatsächlich bestätigte der RVR in einem Bericht: „Insbesondere die Oberbürgermeister aus Duisburg, Essen und Hamm“ hätten wegen der „verschlechterten Haushaltslage“ den Kern des Masterplans eingestampft: Es gibt kein frisches Geld für die Kultur.

Mangelhafte Transparenz

Zuletzt kritisierten die Prüfer die mangelhafte Transparenz der Beteiligungen des RVR. Vor allem die Abfallfirma des Verbandes, die AGR, steht in der Kritik. Aufgrund von schlechten Geschäften in der Vergangenheit könne die Firma auf absehbare Zeit keinen Gewinn abführen. Zudem seien Risiken versteckt. „In allen Fällen fehlen konkrete Angaben zu den finanzwirtschaftlichen Auswirkungen der einzelnen Beteiligungen auf den RVR-Haushalt sowie untereinander.“

Ein Beispiel für die Intransparenz ist nach Recherchen dieser Zeitung die AGR-Müllverbrennungsanlage RZR II in Herten. Hier würden einige Zulieferer darauf drängen, die Verbrennungspreise von teilweise über 130 Euro drastisch zu senken, heißt es intern. Sollte der Preis unter 90 Euro je Tonne fallen, könnte die Anlage Pleite gehen - mit unabsehbaren Folgen für den Verband. Die Gremien des RVR sind über diese Entwicklung bislang nicht informiert.

Der Direktor des RVR, Heinz-Dieter Klink, weist an diesem Punkt die Kritik der Prüfer allerdings zurück. Finanzielle Auswirkungen aus dem AGR-Geflecht auf den Verband seien nicht zu erwarten. Zudem habe man sich seit 2005 um eine Verbesserung der Lage bemüht. Trotz allem lobt Klink die Arbeit der Externen: „Generell sind wir mit der Prüfung zufrieden und bewerten die Arbeit positiv.“