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Jugendliche ohne Perspektive, Schüler ohne Abschluss gibt’s in allen Ländern, auch in den Industrienationen. Unsere Korrespondenten haben recherchiert, ob es unseren europäischen Nachbarn und den USA gelingt, jungen Menschen zu einem guten Start ins Berufsleben zu verhelfen.

Wer es sich leisten kann, kehrt Amerikas öffentlichen Schulen den Rücken. Das Niveau ist erschreckend niedrig, die Zahl der Abbrecher hoch. Die USA haben seit langem eine der höchsten Schulabbrecher-Quoten unter allen Industrieländern. Fast jeder zweite schwarze Schüler verlässt die Schule ohne Abschluss. Aber auch viele Schüler, die durchhalten, offenbaren am Ende ihrer Schulzeit Lese- und Rechtschreibschwächen. Zusätzlich leiden die US-Schulen an einer hohen Fluktuation der Lehrer.

Mit seinem Programm „Kein Kind wird zurückgelassen“ wollte schon George W. Bush das Bildungssystem reformieren. Der Erfolg ist bescheiden. Nachfolger Barack Obama will draufsatteln. „Race to the top“ nennt sich der Wettbewerb zwischen den Bundesstaaten um Regierungsgelder in Höhe von 4,3 Milliarden Dollar. Damit sollen leistungsorientierte Lehrer-Gehälter gezahlt und Schulen in sozialen Brennpunkten unterstützt werden.

Jeder fünfte Franzose verlässt die Schule ohne Abschluss

Jedes Jahr gehen rund 100 000 Franzosen (einer von fünf) ohne Abschluss von der Schule ab. Dementsprechend hoch ist die Jugendarbeitslosigkeit. Über 25 Prozent der unter 25-Jährigen stehen auf der Straße. Damit gehört Frankreich zu den Spitzenreitern in Europa.

Im Gegensatz zu Deutschland kennt Frankreichs Schulsystem keine Dreiteilung. Auf fünf Jahre Grundschule folgt das „Collège“, eine Gesamtschule (Sek. I), die mit dem „Brevet“ abgeschlossen wird. Das Lycée (Sek. II) führt danach zum „baccalauréat”, vergleichbar mit dem Abitur.

Förderprogramme für Schulabbrecher

Weil das französische Schulsystem vergleichsweise uneffektiv arbeitet, versucht man mit dem Förderinstrument „Ecole réussite” Schüler ohne Abschluss mit einer Kombination aus Fördern und Fordern doch noch in die Erfolgsspur zu zwängen. Experten, Lehrer, Elternvereine gewähren psychologische Betreuung und Nachhilfe, sie beraten beim Schulwechsel, gleichzeitig üben sie Druck auf die Jugendlichen aus bis hin zur Androhung von Sanktionen.

Als weiteres „Reparaturinstrument“ dient vor allem in den problematischen Stadtvierteln am Rande der Großstädte die so genannte „Mission locale”, eine Anlaufstelle für benachteiligte Jugendliche (16 bis 25 Jahre). Dort gibt es Computer- und Sprachkurse, Bewerbungstraining und psychosoziale Beratung.

Italienische Kinder gehen fünf Jahre in die Grundschule

Erst nach acht Pflichtschuljahren fällt in Italien die Entscheidung für weiterführende Schulen. Fünf Grundschuljahre und drei der Mittelschule (entspricht der deutschen Hauptschule) verbringen die kleinen Italiener also gemeinsam. Sonderschulen für Behinderte gibt es nicht. Alle erwerben dort Kenntnisse in einer oder zwei Fremdsprachen, schon als Grundschüler. Damit alle zumindest einen Abschluss erhalten, versuchen die Lehrer, auch die Schwächsten mit durchzunehmen. Die Erfolgsquote liegt bei 98 Prozent. Rund 80 Prozent der Pflichtschulabgänger gehen dann auf weiterführende Schulen. Es gibt fünf Typen mit über 300 Ausbildungsgängen. 20 Prozent der Abgänger steuern gleich auf den Arbeitsmarkt zu. Für sie gibt es öffentliche Ausbildungszentren und Berufsfachschulen, die bis zum 16. Lebensjahr besucht werden müssen.

Wenig Geld, wenig Lehrer, schlechte Ausstattung, viele Schüler und keine individuelle Förderung. Die Mängelliste an spanischen Schulen ist lang. So lang, dass Spaniens Schulwesen zu den schlechtesten Europas gezählt wird. Entsprechend groß ist die Zahl jener Jugendlichen, die keinen Abschluss erreichen - und keine Berufsausbildung machen können. Drei von zehn Schülern schaffen nicht einmal den mittleren Abschluss. „Nicht akzeptabel“, schimpft Bildungsminister Angel Gabilondo, der Reformen ankündigt. Auch wegen dieser Ausbildungskatastrophe hält Spanien den EU-Rekord von 40 Prozent Jugendarbeitslosigkeit. Spanische Kinder müssen bis zum 16. Lebensjahr in eine Art Gesamtschule gehen. Angesichts des schlechten Leistungsschnitts denkt Gabilondo darüber nach, die Schulpflicht bis 18 und damit bis zum Abitur auszudehnen. Lehrerverbände halten dagegen, dass zunächst vor allem Schulausstattung und Qualität des Bildungssystems verbessert werden sollten.