Washington. .

US-Präsident Barack Obama setzt sich an die Spitze, will beweisen, dass er und nicht BP bestimmt, wo es lang geht. Er will das Desaster im Golf nutzen, um Amerikas Abhängigkeit auf längere Sicht vom billigen Öl zu lösen.

„Es schmeckt hervorragend“, sagt Barack Obama und lässt sich die Krabben-Buletten im Strand-Restaurant von Gulfport an der Mississippi-Küste schmecken. Amerika soll sehen: Man kann das noch essen, was den Fischern im Golf von Mexiko in die Netze geht. „Eine ganze Menge Leute denken inzwischen, dass der Golf eine gigantische Badewanne voller Öl ist. Doch die meisten Küstenabschnitte sind sauber“, meint Meeresspezialist Larry Crowder.

Zu verharmlosen ist freilich nichts. Ein Drittel der riesigen Wasserfläche zwischen Louisianas Mississippi-Delta und Floridas Pfannenstiel ist inzwischen für den Fischfang gesperrt. Wie ein Feind, der aus dem Hinterhalt auftaucht und sich nicht fassen lässt, schwappt das Öl an immer neuen Stellen die Küste.

„Es ist nicht nur einfach eine Katastrophe, sondern ein permanenter Angriff mit Bewegungen, die sich ständig ändern“, sagt Obama in militärischer Diktion. Aufmunternd klopft er Arbeitern auf die Schulter, die mit Schaufeln mühselig die Strände säubern und wegen der schwülen Hitze hier im Süden alle 30 Minuten eine 20-minütige Verschnaufpause einlegen müssen. Aufmerksam hört er zu, wenn die lokalen Hoteliers, die Fischer und Restaurant-Betreiber ihm ihre Existenzsorgen schildern.

Kühnes Versprechen

„Für viele wird es hart und schmerzhaft“, sagt der Präsident, der freilich auch verspricht, dass sich die Küste am Ende der Katastrophe, wenn alles wieder sauber ist, in einem besseren Zustand präsentiert als vorher.

Das ist aus heutiger Sicht ein kühnes Versprechen in einer Region, die selbst fünf Jahre später noch immer unter den Folgen von Hurrikan „Katrina“ leidet. Zwei Tage tourt Obama, die Ärmel aufgekrempelt, auf der Spur des Öls von Mississippi über Alabama bis zu den Traumstränden von Pensacola im äußerten südwestlichen Zipfel Floridas. Dass sich der Präsident bei seinem inzwischen vierten Trip an die Küste erstmals so viel Zeit nimmt, soll Amerika zeigen, dass er die Tragödie im Süden des Landes endlich zur Chefsache gemacht hat.

Obama setzt sich an die Spitze, will beweisen, dass er und nicht BP bestimmt, wo es lang geht. Zum ersten Mal in seiner Amtszeit wendet sich Obama am Abend, nach der Rückkehr nach Washington, auch noch direkt aus dem Oval Office an seine Landsleute. Eine Rede an die Nation aus diesem Büro ist tatsächlich dramatischen Momenten, Kriegserklärungen oder Naturkatastrophen, vorbehalten.

Nicht nur reden

Auch das unterstreicht das Gewicht, das Obama dieser Tragödie nach inzwischen acht quälend langen Wochen zumisst. Dass er das Desaster im Golf dabei auch nutzen will, um Amerikas Abhängigkeit auf längere Sicht vom billigen Öl zu lösen, ließ er in einer Rundmail an seine Anhänger bereits durchblicken. „Grüne Jobs, Kampf gegen den Klimawandel und ein Ende unserer Abhängigkeit von ausländischem Öl“ will Obama gesetzlich endlich durchsetzen.

Der Präsident macht Druck, löst ein, was die meisten Kommentatoren, Parteifreunde, aber auch Bürger von ihm seit Wochen verlangen: Nicht reden, sondern handeln. Vor allem die BP-Spitze wird das neue, entschlossene Gesicht Obamas kennen lernen.