Berlin. .
Für die beschlossenen und geplanten Kürzungen beim Elterngeld hat Familienministerin Kristina Schröder (CDU) Prügel von allen Seiten einstecken müssen. Auch die Familienpolitikerinnen von CSU und FDP fackelten die Idee, bei Minijobbern den Rotstift anzusetzen, jüngst als „unsinnig“ und „irrsinnig“ ab. Nährstoff für neue Kritik an den Sparplänen gibt der Opposition nun das Statistische Bundesamt an die Hand, das die Situation der Alleinerziehenden in Deutschland untersucht hat.
Im Kern liefert der neue Mikrozensus mit den Daten von 2009 zwei Befunde: Die Zahl der Alleinerziehenden ist seit 1996 um 20 Prozent gestiegen, so dass im vergangenen Jahr fast jede fünfte Familie aus nur einem Elternteil bestand. Zudem enden vor allem partnerlose Mütter mit kleinen Kindern schnell in Armut. 31 Prozent beziehen demnach Hartz IV, Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld I und haben im Monat weniger als 1100 Euro zur Verfügung. Bei den Müttern mit einem Kind unter drei Jahren sind es sogar 54 Prozent.
Sieben Prozent der Mütter erhalten weitere Leistungen wie das Elterngeld. „Die Abschaffung des Elterngeldes für ALG-II-Bezieher und die Anrechnung des Elterngeldes bei Minijobbern und Aufstockern verschärft das Armutsrisiko gerade bei Alleinerziehenden“, sagte die familienpolitische Sprecherin der Grünen, Katja Dörner. Sie hielt Familienministerin Schröder vor, sie lasse die Alleinerziehenden „im Regen stehen“.
Die stellvertretende SPD-Parteichefin Manuela Schwesig warf der Regierung verantwortungsloses Handeln vor, weil sie durch die Elterngeld-Kürzungen die Kinder- und Familienarmut „willentlich und bewusst“ verschärfe. „Wir müssen über das Elterngeld reden“, sagte auch die Familienpolitikerin der FDP, Miriam Gruß.
Die Bundesregierung hat bereits das Elterngeld für Hartz-IV-Bezieher gestrichen. Zudem sickerten vor zwei Wochen Überlegungen aus dem Familienministerium durch, wonach auch bei Minijobbern und Aufstockern gekürzt werden soll. Schröder kündigte aber Sonderregelungen als Ausgleich an.
Wie knapp Alleinerziehende oft bei Kasse sind, verdeutlicht auch die Erhebung „Leben in Europa“ aus dem Jahr 2008. Hier hatten 19 Prozent angegeben, sie hätten nicht genug Geld, um ihre Wohnung „angemessen warm zu heizen“.
„Ein zynisches Signal“
Beschämend ist dies vor dem Hintergrund, dass die Bundesregierung den Heizkostenzuschuss streichen will. „Das ist ein zynisches Signal und zeigt, was der Regierung alleinerziehende Eltern wert sind – nämlich nichts“, sagte die familienpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Caren Marks, dieser Zeitung.
Neben der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes forderte Marks den zügigen Ausbau bei der Kinderbetreuung. Fehlende Plätze hält sie für den Hauptgrund, dass Alleinerziehende nicht arbeiten können. Nur 60 Prozent von ihnen sind überhaupt berufstätig. Von den allein lebenden Müttern mit Kindern unter 3 Jahren sind es nur nur 23 Prozent.
Ledige Ostdeutsche
Vollzeit arbeiteten im vergangenen Jahr 42 Prozent der alleinerziehenden Frauen, aber nur 27 Prozent der Mütter in Paarfamilien. Den höchsten Anteil der Alleinerziehenden gibt es mit 26 Prozent in den Großstädten mit mehr als einer halben Million Einwohnern. Das Statistische Bundesamt führt dies auf die bessere Infrastruktur zurück.
In den neuen Bundesländern sind 27 Prozent der Eltern alleinerziehend, im früheren Bundesgebiet 17 Prozent. Die Ursachen sind unterschiedlich. Westdeutsche Mütter und Väter werden vor allem durch Scheidungen zu Alleinerziehenden. In Ostdeutschland dagegen sind die Alleinerziehenden im Schnitt um drei Jahre jünger und tendenziell häufiger ledig.