Peking.

China droht amerikanischen Firmen Sanktionen an. Hintergrund ist ein Waffengeschäft zwischen den USA und Taiwan. China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz. Nach dem Streit um Internetzensur und Google kühlt sich das Verhältnis beider Länder damit weiter ab.

Der Ton ist scharf, die Warnung unmissverständlich: Chinas Politiker und Medien haben den USA am Wochenende mit „ernsten Konsequenzen“ gedroht, wenn Washington an seinem Plan festhält, Kampfhubschrauber, Raketen und anderes Kriegsgerät im Wert von 6,4 Milliarden Dollar an Taiwan zu liefern.

US-Firmen, die sich an dem Waffengeschäft beteiligten, müssten mit chinesischen Sanktionen rechnen, kündigte das Pekinger Außenministerium an. Treffen hochrangiger Militärs beider Seiten wurden vorerst abgesagt. Der Deal sei eine „falsche Entscheidung, die nicht nur die nationalen Sicherheitsinteressen Chinas und das Ziel einer nationalen Vereinigung untergräbt, sondern auch wieder einmal die nationalen Gefühle des chinesischen Volkes verletzt“, schrieb die regierungsamtliche Nachrichtenagentur Xinhua. Damit hat sich das Verhältnis zwischen den USA und China weiter abgekühlt, nachdem der Streit über Google und Internetzensur in den vergangenen Tagen bereits für Spannungen gesorgt hatten.

Ein „unsinkbarer Flugzeugträger“

Der Protest Pekings fiel so heftig aus, weil die chinesische Regierung Taiwan als abtrünnige Provinz betrachtet und die Wiedervereinigung als höchste, geradezu heilige nationale Aufgabe wertet. Die Insel regiert sich seit 1949 selbst und steht seither zum großen Ärger Pekings unter dem militärischen Schutzschirm der USA. Die englischsprachige „China Daily“, die sich vor allem an Diplomaten und ausländische Leser richtet, warf den Amerikanern vor, sie wollten Taiwan als „unsinkbaren Flugzeugträger“ aufrüsten, um den Aufstieg Chinas in der Welt zu bremsen.

Die US-Regierung hatte die Abgeordneten des Kongresses am Freitag von ihrem Plan informiert, unter anderem 114 Patriot-Abwehrraketen, 60 Black Hawk- Hubschrauber und zwei Minensuchboote an Taiwan zu liefern. Der Handel tritt innerhalb von vier Wochen in Kraft, wenn der Kongress nicht widerspricht. Über den Milliardendeal haben Taiwaner und Amerikaner seit langem verhandelt.

Ein alter Plan

Er ist die abgespeckte Version eines Rüstungspakets im Wert von 18,8 Milliarden Dollar, das der frühere US-Präsident George W. Bush bereits im Jahr 2001 mit Taiwan vereinbart hatte. Das Geschäft scheiterte weniger an Pekinger Protesten als am politischen Widerstand auf der Insel selbst. Die damals oppositionelle KMT-Nationalpartei weigerte sich im Parlament, die riesige Summe für den Kauf des amerikanischen Kriegsgeräts freizugeben.

Seither hat sich die politische Lage auf der Insel und das Verhältnis zu Peking gründlich verändert: Die KMT-Nationalpartei stellt heute mit Ma Ying-jeow den Präsidenten. Der versucht die Situation durch eine Annäherung gegenüber der Volksrepublik zu entspannen. Er schließt eine „Wiedervereinigung“ mit einer undemokratischen Volksrepublik allerdings aus. Unter Peking Funktionären hat sich derweil die Überzeugung durchgesetzt, dass eine Annäherung an Taiwan mit zu viel Säbelrasseln nicht zu erreichen ist. Stattdessen setzt die KP auf engere wirtschaftliche Kontakte.

Keine Kampfbomber und U-Boote

So ist es wohl auch zu erklären, warum sich die Pekinger Proteste bislang nur gegen Washington richten. Amerikanische und taiwanesische Politiker verteidigten das Rüstungsgeschäft als rein „defensiv“: Anders als ursprünglich geplant liefern die USA keine Kampfbomber und U-Boote. Dies wird auf der Insel und in Washington als Zugeständnis an Peking gewertet. Taiwans Militärs betonen derweil, dass die Bedrohung aus China - trotz aller freundlichen Gesten - nicht geringer geworden sei: So hat die Volksbefreiungsarmee über 1000 Kurz- und Mittelstreckenraketen aufgestellt, die sich auf die Insel richten.

Chinas KP-Funktionäre begründen ihren stetig wachsenden Militärhaushalt nicht zuletzt mit der Notwendigkeit, die Insel im Zweifel mit Gewalt daran hindern zu müssen, sich für unabhängig zu erklären. Taiwans Präsident Ma hat derweil das Waffengeschäft als überaus friedensförderlich gewertet. „Wir haben lange darauf gewartet“, sagte er. “Die Waffen werden uns mehr Zuversicht geben, dass wir Taiwan schützen können und sie werden uns dabei helfen, die Beziehungen mit dem Festland voranzutreiben.“ Je sicherer Taiwan sich fühle, desto mehr Austausch sei möglich.

Hintergründe unklar

Unklar ist noch, was sich hinter den von Peking angedrohten Sanktionen gegen die USA verbirgt: Beide Länder sind inzwischen enger denn je miteinander verknüpft - die Militärs arbeiten nicht nur als UN-Blauhelme in Ländern wie Haiti oder mit ihren Kriegsschiffen bei der Bekämpfung von Piraten vor der Küste von Somalia zusammen. US-Präsident Barack Obama hofft auf die Hilfe Pekings im Streit um das Atomprogramm des Iran und Nordkoreas und beim Versuch, die Verbreitung von Nuklearwaffen in der Welt zu verhindern. Bei früheren Konflikten hatte Peking bereits öfter die Militärkontakte abgebrochen.

Neu ist allerdings die chinesische Warnung, Firmen, die sich an den Waffenlieferungen beteiligten, mit Sanktionen zu strafen. Die großen amerikanischen Rüstungskonzerne dürfen ohnehin kein Kriegsgerät nach China liefern, da Washington nach dem Tiananmen-Massaker 1989 ein Verkaufsverbot verhängt hat. Andere Unternehmen, deren Produkte sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können - wie der Flugzeughersteller Boeing oder die Aufzug-Firma Otis - könnte es aber bitter treffen, falls Peking ernst macht.