London. .

Laut einem UN-Vertreter könnte es bald zu Friedensgesprächen mit den Taliban kommen. Diese seien auf die Vereinten Nationen zugegangen, um den Beginn von Friedensverhandlungen vorzubereiten. Der Vorstoß erntete ein positives Echo auf der Afghanistan-Konferenz in London.

Die Vereinten Nationen haben offenbar Gespräche mit verhandlungsbereiten Taliban geführt. Der UN-Sondergesandte Kai Eide habe sich am 8. Januar in Dubai mit Talibanvertretern getroffen, sagte ein UN-Vertreter in London. Der Sprecher Eides, dessen Amtszeit als Sondergesandter in Kabul im März endet, wollte die Angaben nicht kommentieren.

Bei dem Treffen in Dubai sei es um vorbereitende Gespräche für Friedensverhandlungen gegangen, sagte der UN-Vertreter, der anonym bleiben wollte. Die Initiative sei von den Taliban ausgegangen. «Es war eine Annäherung der Taliban an die Vereinten Nationen hinsichtlich der Möglichkeit des Beginns von Friedensverhandlungen mit der afghanischen Regierung», sagte er. «Diese Information wurde mit der afghanischen Regierung geteilt und die UNO hofft, dass die afghanische Regierung Kapital daraus schlägt.»

Wiedereingliederung gemäßigter Taliban

Eides Sprecher Aleem Siddique sagte, der UN-Sondergesandte habe sich in der Vergangenheit nicht dazu geäußert, ob er Kontakte zu den Taliban habe, und werde dies auch in Zukunft nicht tun. «Alle Friedensverhandlungen müssen von der afghanischen Regierung geführt werden», sagte Siddique.

Bei der Londoner Konferenz erhielt Afghanistans Präsident Hamid Karsai internationale Rückendeckung für seine Bemühungen um eine Strategie der Wiedereingliederung gemäßigter Taliban. Großbritanniens Premier Gordon Brown kündigte die Schaffung eines internationalen Fonds an, mit dem auch ein Wiedereingliederungsprogramm bezahlt werden soll. Deutschen Diplomaten zufolge wurden dafür 500 Millionen Dollar (358 Millionen Euro) zugesagt, Deutschland will 50 Millionen Euro geben. Für das erste Jahr seien insgesamt 140 Millionen Dollar zugesagt, sagte der britische Außenminister David Miliband der BBC.

Karsai kündigte zudem an, einen Rat für Frieden, Versöhnung und Wiedereingliederung sowie eine «Friedensdschirga» einzuberufen. Dschirga ist die Bezeichnung für ein Treffen traditioneller Stammesvertreter, bei dem nach einer einvernehmlichen Lösung für tiefgreifende Probleme gesucht wird.

„Wir fangen nicht bei Null an“

Westerwelle verwies in den ARD-“Tagesthemen» auf bisherige UN-Programme zur Wiedereingliederung von Rebellen. «Wir fangen nicht bei Null an», sagte er. In Berlin sagte Westerwelle am Freitag, die Bundesregierung sehe sich durch die in London getroffenen Vereinbarungen «bestätigt».

Die Schlusserklärung der Afghanistan-Konferenz sieht vor, dass Kabul spätestens 2015 selbst für die Sicherheit ihrer Landsleute sorgen soll. Bis Ende 2011 soll die einheimische Armee durch verstärkte Ausbildungsanstrengungen eine Stärke von 171.000 Mann und die Polizei von 134.000 Mann erreichen. Die Hälfte der internationalen Afghanistan-Aufbauhilfe soll künftig in den afghanischen Staatshaushalt fließen, um so den Rückhalt der Regierung im Lande zu stärken.

SPD-Chef Sigmar Gabriel ließ eine Zustimmung seiner Partei zum neuen Afghanistan-Mandat offen. «Ich sehe bisher keine Notwendigkeit für 850 zusätzliche deutsche Soldaten», sagte Gabriel der «Rheinischen Post» vom Samstag. «Die Bundesregierung muss nachweisen, dass Deutschland zwingend für eine begrenzte Zeit mehr Soldaten für die Ausbildung bereitstellen muss.»

Gabriel und SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier begrüßten zugleich die Konferenz-Ergebnisse. London habe «erstmals die klare Perspektive für eine Beendigung des militärischen Einsatzes eröffnet», erklärte Steinmeier. Dazu müsse sich die Bundesregierung in ihrem Mandat bekennen.

Aus Fehlern der Sowjets lernen

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Ruprecht Polenz (CDU), wendet sich gegen einen schnellen Abzug aus Afghanistan. «Wir würden mit einem sofortigen Abzug den gleichen Fehler begehen, wie er damals nach dem Rückzug der sowjetischen Armee begangen wurde», sagte Polenz der «Hannoverschen Allgemeinen Zeitung» laut Vorabbericht. Nach dem Abzug der Sowjets sei ein fürchterlicher Bürgerkrieg in Afghanistan ausgebrochen. Heute seien die Taliban nicht nur eine Bedrohung für Afghanistan, sondern auch für die Atommacht Pakistan.

Polenz sprach sich auch gegen einen konkreten Abzugstermin aus: «Ein konkretes Enddatum unseres Engagements wäre ein Signal an die Taliban: Ihr müsst nur so lange abwarten.» (afp/ddp)