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Tausende von Kindern haben in Haiti ihre Eltern und ihr Obdach verloren. Hilfswerke fürchten jetzt, dass die Waisen von Kinderhändlern aufgegriffen werden. Auch Adoptionen seien kein geeignetes Mittel, um die Kinder aus ihrem Elend zu befreien.

Die furchtbaren Bilder aus Haiti lösen weltweit nicht nur eine große Spendenbereitschaft aus, in Deutschland melden sich täglich viele Menschen, die als Ärzte, Sanitäter oder Sozialarbeiter nach Haiti fliegen wollen, um dort zu helfen. Auch das Interesse, durch das Erdbeben zu Waisen gewordene Kinder zu adoptieren, ist riesig. „Bei uns stehen deshalb die Telefone nicht still”, sagt eine Sprecherin von „Help a child”, der Koblenzer Vermittlungsstelle für Auslandsadoptionen.

Tausende von Kindern haben in Haiti ihre Eltern und ihr Obdach verloren. Wie Unicef, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, fürchtet auch die Kindernothilfe in Duisburg, dass es nun zu Kinderhandel kommt. „Wir wissen aus Erfahrungen mit Katastrophen, wie recht- und hilflos gerade Kinder diesen Situationen ausgeliefert sind”, sagt Angelika Böhling von der Kindernothilfe. Die Gefahr sei groß, dass die Kinder ausgebeutet und versklavt werden. Schon vor dem Erdbeben seien in Haiti häufig Kinder von ihren auf dem Land lebenden Eltern in die Stadt gegeben worden, in der Hoffnung, ihnen gehe es dort besser. „Oft wurden sie dort wie Sklaven gehalten”, sagt Böhling.

„Familienzusammenführungen stehen an erster Stelle“

Der Wunsch, Kinder so schnell wie möglich aus diesem Elend herauszuholen, treibt offenbar viele, die sich bei Adoptionsvermittlungen melden. „Aber so eine Adoption dauert zwei bis drei Jahre. Die Bewerber in Deutschland müssen überprüft werden, die Kinder in Haiti, ob es nicht doch noch Eltern oder Verwandte gibt. Spenden sind jetzt das beste Mittel, den Kindern zu helfen”, sagt auch Silke Richter von der Organisation „Eltern für Kinder”.

Hilfsorganisationen wie Unicef oder Kindernothilfe halten Adoptionen ohnehin für kein probates Mittel. „Familienzusammenführungen stehen an erster Stelle. Und auch sonst sollten die Kinder wenn irgend möglich in ihrem Geburtsland bleiben”, so eine Sprecherin von Unicef. Auch die Kindernothilfe bevorzugt die Hilfe zur Selbsthilfe und errichtete in Port-au-Prince eine erste Anlaufstelle, in der Kinder, die ihre Eltern verloren haben, versorgt werden.

Die Erde in Haiti bebte gestern erneut heftig. Mitarbeiter von Hilfsorganisationen befürchten, dass bei dem Beben mit der Stärke 6,1 weitere Menschen gestorben sind, unter einstürzenden Gebäuden, die noch nicht abgesichert waren. Gleichzeitig beschwerten sie sich über massive Schwierigkeiten, in Port-au-Prince landen zu können. Damit verzögere sich der Transport von Nothilfe-Ausrüstungen in die Krisenregion.