Peking. .

Peking ist Schauplatz einer Internet-Sensation gewesen - zumindest für einige Stunden. Wer sich am Vormittag online über politisch heikle Themen wie über die verbotene Falungong-Sekte oder das Tiananmen-Massaker informieren wollte, konnte mit dem Suchdienst „Google“ ohne Mühe Bilder von misshandelten Anhängern dieser verbotenen religiösen Sekte finden, sogar Fotos vom blutigen Einsatz der Armee im Juni 1989. Sonst sind diese Informationen gesperrt.

10 Tipps für Google

Eine leckere Pizza, nur wenige Meter von der Haustür entfernt: Google findet Pizzerien direkt um die Ecke. Zehn Tipps, die das Suchen leichter machen.
Eine leckere Pizza, nur wenige Meter von der Haustür entfernt: Google findet Pizzerien direkt um die Ecke. Zehn Tipps, die das Suchen leichter machen.
Um Angebote in Ihrer Nähe zu finden, geben Sie den Suchbegriff gefolgt vom Ort oder der Postleitzahl ein. Pizza-Fans aus Bochum tippen also
Um Angebote in Ihrer Nähe zu finden, geben Sie den Suchbegriff gefolgt vom Ort oder der Postleitzahl ein. Pizza-Fans aus Bochum tippen also "Pizza Bochum" und bekommen eine Karte, auf der die Lokale eingezeichnet sind. Dazu gibt es Telefonnummern und Links zu Bewertungen.
Nicht mehr lange nach Dokumenten suchen: Google führt Sie schneller zum Ziel, wenn Sie angeben, welchen Dateityp Sie suchen - etwa ein PDF.
Nicht mehr lange nach Dokumenten suchen: Google führt Sie schneller zum Ziel, wenn Sie angeben, welchen Dateityp Sie suchen - etwa ein PDF. © imago stock&people
Um Dateitypen zu finden, wählen Sie im Klappmenü ganz rechts neben dem Suchfeld die Dateiendung aus. Alternativ können Sie auch den
Um Dateitypen zu finden, wählen Sie im Klappmenü ganz rechts neben dem Suchfeld die Dateiendung aus. Alternativ können Sie auch den "filetype"-Operator nutzen. Sind sie auf der Suche nach einem Handbuch fürs iPhone als PDF, geben Sie "Bedienungsanleitung iPhone filetype:pdf" ein. Achtung: Zwischen Doppelpunkt und Suchbegriff darf kein Leerzeichen stehen.
Lena finden: Mit Googles
Lena finden: Mit Googles "site"-Funktion können Sie eine bestimmte Internetseite durchsuchen - etwa DerWesten nach dem Videointerview mit Grandprix-Star Lena Meyer-Landrut. © APN
Mit dem
Mit dem "site"-Operator lassen Sie Google nur eine Homepage durchsuchen. Um das Lena-Interview zu finden, geben Sie "Lena Video-Interview site:derwesten.de" ein.
Schweizer Franken in Euro? Kein Problem, denn Google kennt die aktuellen Wechselkurse.
Schweizer Franken in Euro? Kein Problem, denn Google kennt die aktuellen Wechselkurse. © imago stock&people
Um 120 Franken in Euro umrechnen zu lassen, geben Sie
Um 120 Franken in Euro umrechnen zu lassen, geben Sie "120 CHF in Euro" ein. Genauso funktioniert's mit Maßeinheiten ("2 Meter in Zoll") und einfachen Rechenaufgaben ("8*12").
Manchmal ist das Internet schneller, als einem lieb ist: Da haben Sie einen interessanten Link gefunden, doch die Seite ist längst gelöscht. Ein Glück, dass Google ganze Homepages als Textversion auf seinen Servern speichert.
Manchmal ist das Internet schneller, als einem lieb ist: Da haben Sie einen interessanten Link gefunden, doch die Seite ist längst gelöscht. Ein Glück, dass Google ganze Homepages als Textversion auf seinen Servern speichert.
Um die gespeicherte Version einer Seite anzuschauen, klicken Sie auf den Link
Um die gespeicherte Version einer Seite anzuschauen, klicken Sie auf den Link "Im Cache" unter dem Suchergebnis. So sieht eine Version von DerWesten.de aus Googles Speicher aus.
Manchmal lohnt ein Blick nach links und rechts: Wie in einem Bibliotheksverzeichnis findet Google auch Seiten, die einem Treffer ähnlich sind. Das ist sinnvoll, wenn Sie sich einen Überblick über ein Thema verschaffen wollen.
Manchmal lohnt ein Blick nach links und rechts: Wie in einem Bibliotheksverzeichnis findet Google auch Seiten, die einem Treffer ähnlich sind. Das ist sinnvoll, wenn Sie sich einen Überblick über ein Thema verschaffen wollen. © imago stock&people
Klicken Sie dazu auf den Link
Klicken Sie dazu auf den Link "Ähnliche" unter dem Treffer. Suchen Sie nach "Ruhr 2010" und dann Seiten, die der offiziellen Homepage ähnlich sind, finden Sie Links zu Museen, Veranstaltungskalendern und Tourismusportalen.
Sonne, Regen, Wind? Wie das Wetter wird, zeigt Ihnen Google schneller als jeder andere Wetterbericht.
Sonne, Regen, Wind? Wie das Wetter wird, zeigt Ihnen Google schneller als jeder andere Wetterbericht. © imago stock&people
Geben Sie
Geben Sie "Wetter" gefolgt vom Ort oder der Postleitzahl ein. Die Piktogramme zeigen Ihnen, was in den nächsten Tagen zu erwarten ist.
"Koch": Meinen Sie damit den Beruf oder den Politiker? Das errät Google nicht von selbst. Mit dem Minuszeichen können Sie die Ergebnisliste entschlacken.
Das Minuszeichen setzen Sie direkt vor ein Wort, das Sie von der Suche ausschließen möchten. Recherchieren Sie über den Koch als Beruf, suchen Sie nach
Das Minuszeichen setzen Sie direkt vor ein Wort, das Sie von der Suche ausschließen möchten. Recherchieren Sie über den Koch als Beruf, suchen Sie nach "Koch -Roland", um keine Treffer über den Politiker zu bekommen.
Ist das Ihr Paket? Mit Google können Sie den Sendungsstatus von Paketen abfragen - dazu müssen Sie nicht die Seite des Lieferdienstes besuchen.
Ist das Ihr Paket? Mit Google können Sie den Sendungsstatus von Paketen abfragen - dazu müssen Sie nicht die Seite des Lieferdienstes besuchen.
Geben Sie ins Suchfeld einfach die Sendungsnummer eines UPS- oder Fedex-Pakets ein, die Suchmaschine bringt Sie auf den neuesten Stand. Mit DHL-Paketen funktioniert der Dienst allerdings nicht.
Geben Sie ins Suchfeld einfach die Sendungsnummer eines UPS- oder Fedex-Pakets ein, die Suchmaschine bringt Sie auf den neuesten Stand. Mit DHL-Paketen funktioniert der Dienst allerdings nicht.
Zum Lexikon greifen war vorgestern, lange suchen gestern. Heute zeigt Ihnen Google auf einen Blick...
Zum Lexikon greifen war vorgestern, lange suchen gestern. Heute zeigt Ihnen Google auf einen Blick... © imago stock&people
...die Definition eines Worts. Die Bedeutung des Worts
...die Definition eines Worts. Die Bedeutung des Worts "Pankreas" erfahren Sie, wenn Sie "definiere Pankreas" eingeben. Aha, die Bauchspeicheldrüse ist es!
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Doch die kurze Morgenröte der Internetfreiheit verblasste so schnell wie sie gekommen war: Gegen Mittag waren die Zensoren aufgewacht. Die unter den 338 Millionen chinesischen Internet-Nutzern verhasste Botschaft „....kann die Seite nicht öffnen“ erschien wieder auf den Bildschirmen der Computer.

Den kurzen Blick über die „Große Feuermauer der Zensur“ erlaubte ein Ereignis, dessen Folgen für den amerikanischen Online-Giganten Google noch nicht abzuschätzen sind. Es löste international eine neue Debatte über Zensur und Informationsfreiheit in China aus.

In einer bemerkenswert offen formulierten Erklärung hatte die US-Suchmaschine angekündigt, sie „erwäge“ einen kompletten Rückzug aus China. Gleichzeitig setzte Google die Selbstzensur außer Kraft, mit der „google.cn“ bislang nach Wunsch der chinesischen Behörden unliebsame Informationen gesperrt hatte.

„Diebstahl von Googles geistigem Eigentum“

Unter der Überschrift „Ein neuer Umgang mit China“ berichtete Google- Chefjustitiar David Drummond, im Firmenblog über eine Serie von Hacker-Attacken. „Mitte Dezember haben wir einen sehr ausgeklügelten und gezielten Angriff von China aus auf die Infrastruktur unseres Unternehmens entdeckt, der zu einem Diebstahl von Googles geistigem Eigentum führte.“

Das Hauptziel der Angreifer sei offenbar der Zugang zu den Email-Adressen von chinesischen Bürgerrechtlern gewesen, schrieb Drummond. Unter diesen Umständen habe die Firma entschieden, „dass wir nicht länger bereit sind, unsere Suchergebnisse auf Google.cn zu zensieren“.

Der Konzern wolle nun mit den Behörden klären, ob die lokale Google-Suchmaschine fortan frei zugänglich gemacht werden könne. Drummond: „Wir sind uns bewusst, dass dies bedeuten kann, dass wir die Website Google.cn und möglicherweise auch unsere Büros in China schließen müssen.“

Vereisung des politischen Klimas

Der Google-Konflikt mit der chinesischen Regierung kommt zu einer Zeit, in der vor allem Bürgerrechtler eine deutliche Vereisung des politischen Klimas spüren. Erst vor wenigen Wochen wurde der Ehrenpräsident des unabhängigen PEN-Schriftstellerverbands, Liu Xiaobo, wegen des im Internet verbreiteten Reformappells „Charta 08“ sowie sechs weiterer Internet-Aufsätze zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Mit immer neuen Kampagnen, die sich offiziell vor allem gegen Pornografie und kriminelle Machenschaften im Cyberspace richteten, wurden in den vergangenen Monaten Tausende Webseiten geschlossen. Facebook und Twitter sind ebenfalls gesperrt.

Chinas kommunistische Partei hat das Internet von Anfang an als Chance und Gefahr zugleich begriffen: Um ihr Land so schnell wie möglich zu modernisieren, neue Industrien anzusiedeln und die Kommunikation über Tausende Kilometer hinweg zu vereinfachen, ließ sie die entferntesten Gegenden verkabeln und mit Sendemasten ausrüsten. Breitband-Anschlüsse sind selbst in kleinen Ortschaften die Regel.

Zugleich entwickelte Peking ein komplexes System der Zensur: Dazu gehören immer wirksamere Filter und Sperren, die auch ausländische Firmen wie das US-Unternehmen Cisco lieferten. Sie sorgen dafür, dass die Internet-Verbindungen zum Ausland nach unliebsamen Informationen abgetastet werden können und Kontakte zu unerwünschten Internet-Adressen im Rest der Welt blockiert werden.

Zwang zur Selbstzensur

Viel effektiver als diese technischen Hilfsmittel ist jedoch der Zwang zur Selbstzensur, mit dem jeder Internet-Provider und jede Online-Firma in China konfrontiert ist: Ihre Manager erhalten von den Sicherheitsbehörden und den Propaganda-Abteilungen der KP allwöchentlich neue Listen mit Themen und Online-Adressen, die blockiert werden müssen. Wer sich an diese Vorgaben nicht hält, muss mit saftigen finanzielle Strafen rechnen - oder sogar mit Lizenzentzug und damit dem Verlust des gesamten Geschäftes.

Dabei ist sich die chinesische Regierung sehr wohl bewusst, dass ihre „Große Feuermauer“ genannte Blockade keineswegs alle unerwünschten Informationen fernhalten kann. Eine lebhafte chinesische Internet-Gemeinde nutzt Proxy-Server und sogenannte Tunnelprogramme, um gesperrte Webseiten , etwa die des chinesischen Dienstes der Deutschen Welle zu nutzen. Doch es ist nur eine relativ winzige Gruppe der Chinesen, die sich soviel Mühe macht, und die sich zugleich bewusst ist, dass ihre Emails ebenso wie ihre Surf-Gewohnheiten vom Großen Bruder beobachtet werden können.

Die meisten Bürger sind eher unpolitisch und nur daran interessiert, sich im Internet zu unterhalten, zu spielen oder Geschäfte zu machen. Diese große Mehrheit ist es, die mit amtlich kontrollierten Nachrichten gelenkt werden soll.

Von Anfang an ein strittiges Engagement

Als sich Google im Jahr 2006 entschloss, den größten Internet-Markt der Welt in China zu erobern, durfte es seine chinesischsprachige Webseite „google.cn“ nur unter der Bedingung registrieren, dass es sich den Zensurvorschriften beugte. „Googles Engagement in China war von Anfang an innerhalb unseres Unternehmens höchst strittig“, erklärte Google-Pressesprecher Kay Overbeck gegenüber unserer Zeitung. Die Firma, deren Motto „Tu nichts Böses“ lautet, ging davon aus, dass beschränkter Zugang zu Informationen besser sei als als gar keiner.

Mit rund 36 Prozent Marktanteil ist Google derzeit zweitgrößter Internet-Suchdienst in China, weit abgeschlagen hinter der einheimischen Suchmaschine Baidu mit einem Anteil von 58 Prozent. Baidu gilt als Unternehmen, das sich mit der Kontrolle ohne Murren arrangiert. Vor wenigen Tagen war diese Firma allerdings selbst Ziel einer Attacke unbekannter Hacker, die sich „Iranische Cyber-Armee nannte“. Der Hintergrund ist bislang unklar.

Für das finanzielle Überleben von Google insgesamt sei die chinesische Tochter mit rund einem Prozent des globalen Umsatzes nicht wichtig, das Werbegeschäft des chinesischen Binnenmarktes falle für die die Firma kaum ins Gewicht, sagt Google-Sprecher Overbeck: „Den größten Teil unseres China-Umsatzes erzielen wir mit chinesischen Unternehmen, die international für ihre Produkte werben.“

Heftige Debatte im chinesischen Internet

Die Ankündigung von Google, sich möglicherweise aus China zurückzuziehen und seinen Dienst nicht mehr zu zensieren, hat im chinesischen Internet eine heftige Debatte ausgelöst: Kritiker warfen dem Unternehmen vor, die Zensur nur zum Vorwand zu nehmen, China zu verlassen, weil es wirtschaftlich erfolglos sei. Außerdem stehe Google in China unter Druck, weil sich chinesische Autoren wie die bekannte Shanghaier Schriftstellerin Mian Mian gegen die Internet-Nutzung ihrer Werke durch Google wehrten. Internet-Experte Xiang Ligang bezeichnete die Entscheidung als „psychologische Kriegsführung“.

Doch es gab auch Beifall: „Meine einzige Hoffnung ist, dass Google jetzt die Technologie dafür erforscht, die Große Feuermauer der Zensur zu durchbrechen“, schreibt ein Kommentator. Per Twitter verbreitete sich ein Foto von den Blumen, die Sympathisanten gestern vor das Google-Gebäude im Universitätsgelände Pekings gelegt hatten. Daneben stand in chinesischen Schriftzeichen: „Google - ein toller Kerl!“