Berlin. .
Die schwarz-gelbe Koalition ist angekratzt. Der Steuerstreit steht ihr nicht gut. Während die Fronten weiter verhärtet bleiben, ruft CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe zu Mäßigung auf.
Das Ansehen der schwarz-gelben Koalition ist durch den andauernden Steuerstreit schwer angeschlagen. Die Mehrheit der Deutschen ist nach dem jüngsten ARD-«Deutschlandtrend» unzufrieden mit der Bundesregierung und hält die Koalitionäre für orientierungslos. Der Großteil der Bevölkerung lehnt die Steuersenkungspläne von Schwarz-Gelb ab. Führende CDU-Politiker plädierten am Freitag für einen Neubeginn der Koalition und riefen alle Beteiligten zu Mäßigung auf. Die Fronten sind jedoch weiter verhärtet.
Dem «Deutschlandtrend» zufolge sind nur noch 28 Prozent der Bürger sehr zufrieden oder zufrieden mit ihrer Regierung. 67 Prozent sind dagegen weniger oder gar nicht zufrieden. 82 Prozent der Deutschen sind der Meinung, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) «müsse die politische Richtung der Bundesregierung klarer vorgeben». 66 Prozent finden, die Koalitionsparteien seien «zerstritten» und hätten «keinen gemeinsamen Kurs». Die ursprünglich von Schwarz-Gelb angepeilte große Steuerreform ab 2011 halten nur 38 Prozent der Bevölkerung für richtig. Die Mehrheit (58 Prozent) ist dagegen. Selbst unter den Anhängern der FDP findet sich keine Mehrheit für solche Entlastungen.
Merkel sackt in Beliebtheit ab
Die schlechte Stimmung schlägt inzwischen auch auf die persönliche Bewertung der Spitzenpolitiker durch. Alle drei Parteichefs von CDU, CSU und FDP sind in der Wählergunst drastisch abgesackt. Merkel bekommt nur noch 59 Prozent (- 11 Punkte) an Zustimmung - für sie der schlechteste Wert seit Dezember 2006. FDP-Chef Guido Westerwelle erreicht mit 36 Prozent (- 7) den schlechtesten Wert seit fast zwei Jahren. Und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer ist mit 30 Prozent an Zustimmung sogar auf sein Allzeit-Tief zurückgefallen, das er im März 2009 schon einmal erreicht hatte.
Angesichts des schlechten Erscheinungsbildes der Koalition haben Merkel, Seehofer und Westerwelle ein Sechs-Augen-Gespräch vereinbart. Am 17. Januar wollen sich die drei im Kanzleramt zusammensetzen.
Aufbruchstimmung erwünscht
Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach bezeichnete das Treffen offen als «Krisengespräch». Er erhoffe sich davon «eine Aufbruchstimmung, die für einen Neustart in der Koalition sorgt». CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt räumte ein, das Erscheinungsbild der Regierung könnte «etwas besser» sein. Dies müsse man «unumwunden zugeben».
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe nannte die aktuelle Steuerdebatte zwischen Union und FDP unglücklich und rief beide Koalitionspartner zur Mäßigung auf. Die Diskussion über eine Steuerreform komme «zur Unzeit». Der Spielraum für weitere Entlastungen hänge «ganz entscheidend von der wirtschaftlichen Entwicklung in den nächsten Monaten» ab, stellte Gröhe klar.
Auch CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich mahnte, Politik müsse sich an der Realität orientieren. Deshalb sei zu überlegen, in welchem Umfang weitere Steuerentlastungen überhaupt machbar seien.
«Standfestigkeit, Geschlossenheit und Kampfgeist»
Der frühere CSU-Chef Erwin Huber riet seiner Partei dagegen zu «Standfestigkeit, Geschlossenheit und Kampfgeist» in der Steuerdebatte. Es gelte, «Kurs zu halten und das umzusetzen, was wir vor der Wahl versprochen und im Koalitionsvertrag niedergelegt haben». Zugleich räumte er ein, die Entlastungen müssten «mit der notwendigen Haushaltskonsolidierung abgestimmt werden».
Die FDP beharrt derweil auf ihren Plänen für eine umfassende Steuerreform ab 2011. Der FDP-Finanzexperte Hermann-Otto Solms tat die kritische Haltung der Bürger zu Steuersenkungen als «Kommunikationsproblem» ab. Die Koalition müsse ihre «gemeinsam vereinbarten Ziele» besser erklären und dann umsetzen.
Der Wirtschaftsweise Wolfgang Wiegard kritisierte die Hartnäckigkeit der FDP scharf. «Man gewinnt den Eindruck, als wenn die Liberalen die Wirtschaftskrise und ihre Konsequenzen nicht richtig mitbekommen hätten», sagte er. Für «Wohltaten» und Steuersenkungen gebe es «auf absehbare Zeit» keinen Spielraum. (ddp)