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Die Bilder von den Bahnsteigen haben bundesweit Wirkung. Kinder, die auf Tragen abtransportiert werden. Helfer, die erschöpfte Jugendliche mit Wasser versorgen. Ältere Menschen, die zusammenbrechen. Schließlich: Bahnpersonal, das dem Drama hilflos zuschaut.

Der heiße Sommer hat sein Thema – und die Bahn kalt erwischt. Das Drama mit den Klimaanlagen der ICE-Flotte hat die politische Tagesordnung durchmischt. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer sagt Termine ab, weil er Beratungsbedarf sieht. In der SPD wird über einen Untersuchungsausschuss nachgedacht, der den Sparkurs der letzten Jahre beleuchten soll. Und Ulrich Homburg, Chef des Personenverkehrs der Bahn AG, macht in diesen Tagen viele Bußgänge.

Schon zuvor hatte der Manager leise Töne anschlagen müssen: „Wir wollen uns nicht nur ausdrücklich bei unseren Kunden entschuldigen, sondern Wiedergutmachung leisten, das Vertrauen in die DB zurückgewinnen.“ Nicht leicht. Denn der Ausfall der Klimaanlagen in den Zügen hat alle Bemühungen des neuen Bahnvorstands unter Rüdiger Grube über den Haufen geworfen, das Image des Staatsbetriebs wieder aufzupolieren. Mehr noch: Am 12. Juli, dem letzten Montag, seien so viel Kundenbeschwerden über technische Unzulänglichkeiten eingegangen wie sonst in einem ganzen Monat, meldet die Fahrgastorganisation ProBahn. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) fordert von der Bahn zur Sühne Verzicht: Keine Preiserhöhung in diesem Jahr.

Der große Staatsbetrieb wird gegenüber Kundschaft und Politik also drängende Fragen beantworten:

War die Wartung schlecht?

Der Verdacht liegt nahe: In den letzten 15 Jahren wurde das Personal in den Werkstätten auf 20 000 Stellen halbiert - und der Chef des Verkehrsausschusses im Bundestag, Winfried Hermann, glaubt: „In der Vergangenheit sind notwendige Arbeiten vernachlässigt worden.“ Eine Eingreiftruppe von Bahn AG und Herstellern sah gestern dagegen Entwarnung: „Alle Wartungen sind gemäß dem Regelwerk und den Empfehlungen der Hersteller durchgeführt worden“.

Sind die Klimaanlagen zu schwach?

32 Grad Innentemperatur ist Limit in den Hochgeschwindigkeitszügen. Darüber kann Kühlung durch die Klimaanlage „nicht gewährleistet“ werden, räumt die DB in einem Brief an das Eisenbahnbundesamt ein. Doch: Spanische Hochgeschwindigkeitszüge werden noch bei 40 Grad gekühlt. Die Bahn stellt eine kühne Behauptung auf: Der Klimawandel ist schuld.

Nahm die Bahn dieses Problem nicht ernst?

ProBahn-Rechtsexperte Rainer Engel glaubt, dass sich die Ausfälle der Anlagen „seit Tagen andeuteten. Bereits seit Beginn der Hitzewelle waren Klimaanlagen in ICE-Zügen zwischen Berlin, Köln und Düsseldorf ausgefallen“. Dennoch schickte der DB-Vorstand erst an diesem Montag entsprechende Dienstanweisungen ans Personal.

Reagierten die Zugbegleiter richtig?

„Unverantwortlich“ findet es der Verkehrsausschuss-Vorsitzende Hermann, „dass es keinen Plan gab, was zu tun ist, wenn die Züge völlig überhitzt sind und die Klimaanlagen ausfallen“. ProBahn-Mann Engel ergänzt: „Reisende, die in einem defekten Wagen sitzen, müssen Gelegenheit haben, den Zug zu verlassen.“

Am Sonntag hätte der ICE 846 zwischen Hannover und Bielefeld in Minden stoppen können. Das passierte nicht. ProBahn fordert deswegen eine klare Dienstanweisung: Stopp spätestens nach einer halben Stunde, wenn es wieder zu heiß im Zug wird.