Düsseldorf. .
Wochenlang hat die neue Ministerpräsidentin Hannelore Kraft die Spekulationen über das rot-grüne Minderheitskabinett weitgehend kommentarlos treiben lassen. Das war nicht ungeschickt, um in den eigenen Reihen keinen Frust bei Möchtegern-Ministern zu wecken. Am Donnerstag nun wird sie das Geheimnis ihrer Regierungsmannschaft lüften.
Nach Lage der Dinge werden neben den früh nominierten grünen Regierungsmitgliedern Sylvia Löhrmann (Schule, Vize-Ministerpräsidentin, 53 Jahre alt), Barbara Steffens (Gesundheit, 48) und Johannes Remmel (Umwelt, 42) von der SPD acht Ministerien besetzt. Als gesetzt gelten DGB-Landeschef Guntram Schneider (Arbeit, 59), der Duisburger Fraktionsvize Ralf Jäger (Inneres, 49), die einstige Schulministerin Ute Schäfer (Familie, 56), der Kölner Dezernent Norbert Walter-Borjans (Finanzen, 57) und der Essener Rechtsanwalt Thomas Kutschaty (Justiz, 42). Für die Bereiche Wissenschaft und Wirtschaft sind „Überraschungskandidaten“ angekündigt, die erst vor der Landtagssitzung am heutigen Donnerstag bekannt werden sollen. Wer die Staatskanzlei führen soll, blieb ebenfalls Spekulationen überlassen.
Kraft tat sich offenbar nicht leicht, wegen der ungewissen Lebensdauer ihrer Minderheitsregierung das Kabinett mit allen Wunschkandidaten zu besetzen. So sollen der Gelsenkirchener Finanzexperte Joachim Poß und der Berliner Finanzstaatssekretär Werner Gatzer ebenso abgesagt haben wie die Münsteraner Universtätsrektorin Ursula Nelles.
Streitfrage Studiengebühren
Vor allem im Finanzministerium wartet eine anspruchsvolle Aufgabe auf den Nachfolger des alten CDU-Fahrensmannes Helmut Linssen. Zum einen haben die rot-grünen Koalitionäre angekündigt, die Neuverschuldung zur Einlösung teurer Wahlversprechen um mindestens 2,6 Milliarden Euro auszuweiten, was den Spardruck mittelfristig weiter verschärft. Zum anderen muss für den kommenden Landeshaushalt voraussichtlich die ausgabenfreudige Linkspartei gewonnen werden, damit die notwendige absolute Mehrheit zustande kommt.
Starten wird Rot-Grün jedoch am heutigen Donnerstag zunächst mit einigen symbolischen Gesetzesinitiativen, die Teile der schwarz-gelben Reformen abwickeln sollen. Bei CDU und FDP wird das als missglückter Start der „Koalition der Einladungen“ empfunden, auch wenn Kraft in ihrer Antrittsrede am Mittwoch erstmals die Regierungsarbeit des scheidenden Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers in freundlichen Worten würdigte. So sollen die Kopfnoten und die verbindlichen Grundschullehrer-Gutachten abgeschafft und die Grundschul-Bezirke wieder eingeführt werden. Unklar blieb bis zuletzt, ob die Linkspartei die Hand reicht zur Abschaffung der Studiengebühren. Rot-Grün will die Beiträge erst zum Wintersemester 2011/12 streichen, da millionenschwerer Ersatz für die Uni-Etats nicht in Sicht ist. Die Linken beharrten zunächst auf der Position: Sofort abschaffen oder gar nicht. Ob hier wirklich die erste Abstimmungsschlappe für Ministerpräsidentin Kraft lauert, blieb jedoch offen.