Jerusalem. Papst Benedikt XI. besucht die Holocaust-Gedenkstätte Jad Vashem. Bewegt erinnert er an die sechs Millionen ermordeten Juden. Vorher hat er Israel zur Versöhnung ermahnt.
Um 17 Uhr deutscher Zeit ist es so weit: Benedikt XVI., der deutsche Papst, betritt die Holocaust-Gedenkstätte Jad Vashem in Jerusalem. Hier will er der in der deutschen Nazizeit in KZ-Lagern ermordeten sechs Millionen Juden gedenken. Den Juden ist das Mahnmal das symbolische Grab der grausam getöteten Vorfahren.
Nur wenige Menschen sind in dem stillen Raum versammelt, unter ihnen sechs Lager-Überlebende, längst alt und weißhaarig. Auch ein „Gerechter unter den Völkern” ist anwesend, einer der Juden damals bei der Flucht half. Auch ihm zu Ehren wird nun ein Baum gepflanzt. Benedikt schreitet langsam durch die Halle. Man merkt dem 82-Jäherigen die tiefe innere Bewegung an. Er legt einen Kranz nieder, er schüttelt Hände, die der Überlebenden und des Gerechten. Leise reden sie.
Bis hierhin ist es wie im Jahr 2000, als Johannes Paul II. die Gedenkstätte aufsuchte, der polnische Papst. Doch Benedikt, der Deutsche, weiß, dass man von ihm mehr verlangt. Eine bewegende Rede, ja, auch eine Klarstellung nach all' den Polemiken rund um Karfreitagsfürbitte, die Piusbrüder und vor allem deren Bischof Williamson, der den Holocaust leugnet.
Die Klarstellung gibt Benedikt, aber eine handfeste Entschuldigung spricht er nicht aus. Der Papst äußert einen Wunsch im Gedenken an die KZ-Opfer: „Mögen ihre Leiden nie geleugnet oder für weniger bedeutungsvoll gehalten werden!” Er wünsche, dass alle Menschen guten Willens Sorge tragen, dass solche Tragödien nie wieder passieren.
Der Papst spricht nur kurz, aber sehr schön. Er erinnert daran, dass jeder dieser sechs Millionen Toten einen Namen hat. Er könne sich vorstellen, wie deren Eltern ihn ausgesucht haben, welche Erwartungen sie an ihre Söhne und Töchter knüpften. „Wer hätte gedacht, dass sie zu einem so tränenvollen Schicksal verurteilt sein würden?” sagt er. „Während wir hier in Schweigen verharren, hallt ihr Schrei noch in unseren Herzen wider”. Ein Schrei, der sich gegen jeden Akt der Ungerechtigkeit und Gewalt erhebe.
Dennoch ist Meir Lau, der Vorsitzende des Rates von Jad Vashem, enttäuscht. Eine schöne, aber unzureichende Rede habe der Papst gehalten. Er habe die Rolle der Deutschen ausgelassen. „Die Juden sind nicht getötet, sondern ermordet worden”, kritisiert Lau die Wortwahl des Papstes. Und: „Ermordet wurden aber Juden, weil sie Juden waren.”
Schon am Flughafen von Tel Aviv hatte der Papst sich bei seiner Ankunft um klare Worte bemüht. Judenhass sei „unakzeptabel und abscheuerregend”, erhebe aber in vielen Gegenden der Welt wieder „sein hässliches Haupt”. Und: „Auf tragische Weise hat das jüdische Volk die schrecklichen Auswirkungen von Ideologien erfahren, die die fundamentale Würde jedes menschlichen Wesens verneinen”.
Doch Benedikt, der vor allem Pilger im Heiligen Land sein will, äußert sich auch politisch. Jerusalem heiße „Stadt des Friedens”, sagte er und forderte Versöhnung zwischen Israelis und Palästinensern – ohne eine Zwei-Staaten-Lösung zu nennen, die die neue Regierung Netanjahu nicht anstrebt. Benedikt sagte, er bete, dass Verhandlungen jedem der beiden Völker ein „eigenes Heimatland mit sicheren Grenzen” bringen möge.