Washington/Berlin. Außenminister Guido Westerwelle droht erneut eine Schlappe. Sein Verlangen, die letzten amerikanischen Atombomben aus Deutschland abzuziehen, steht in den USA nicht zur Debatte. Im Gegenteil: Die Amerikaner wollen die in der Eifel gelagerten Nuklearwaffen sogar modernisieren.
In Washington werden Pläne verfolgt, die rund 150 in Europa gelagerten Systeme, darunter auch die im Eifeldorf Büchel, „umfassend“ zu modernisieren. Die dafür zuständige „National Nuclear Security Administration“ (NNSA) will für die Modernisierung der bunkerbrechenden Atomwaffen B 61 bis 2015 fast zwei Milliarden Dollar einsetzen. Damit dürften die Bemühungen Westerwelles, den einseitigen Abzug der Atombomben aus der Eifel durch Gespräche in der Nato zu erreichen, zunichte sein.
Der FDP-Minister war mit seinem offenkundigen Profilierungswunsch bereits in Washington, aber auch bei alliierten Diplomaten und Militärs in Brüssel auf Unverständnis und Kopfschütteln gestoßen. Seine US-Amtskollegin Clinton hatte ihn mit der kühlen Bemerkung gemaßregelt, die Vision einer atomwaffenfreien Welt des Präsidenten Obama sei sehr wohl mit der Entschlossenheit der Nato verbunden, bis auf weiteres die nukleare Abschreckung aufrecht zu erhalten.
Als Rückversicherung erforderlich
Dabei bergen die in der Eifel gebunkerten US-Atombomben nach Ende des Kalten Krieges ebenso wie die in den Niederlanden, Belgien, Italien und der Türkei stationierten keinen militärischen Sinn mehr. Doch neuen Nato-Mitgliedern wie Polen oder den baltischen Staaten gelten sie als Rückversicherung gegenüber möglichen russischen Bedrohungen. Über deren Verbleib werden die USA erst verhandeln, sagt Pentagon-Staatssekretär Alexander Vershbow, „wenn die Verhandlungen mit Russland über die Reduzierung strategischer Atomwaffen abgeschlossen sind“.
Diese Gespräche sind in der Endphase und werden womöglich zu einem Abbau der Interkontinentalraketen auf jeweils 700 bis 800 Angriffsträger und nur noch bis zu 1500 nuklearen Sprengköpfen führen. Doch ein Abzug der taktischen US-Nuklearwaffen aus Europa, den Westerwelle in einem vertraulichen Schreiben an Nato-Generalsekretär Rasmussen gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus Norwegen und den Beneluxstaaten auf die Tagesordnung des Nato-Treffens am 22. und 23. April in Tallinn setzen wollte, ist für die Regierung Obama kein Thema.
Überlegenheit des Westens
Die Atombomben in der Eifel, zusammen mit den „substrategischen Systemen“ in anderen Staaten, bleiben für die USA ein unentbehrliches Faustpfand für den künftigen Abrüstungspoker. Denn Russland hält bis zu 3 000 taktische Atomwaffen bereit. Deren Abbau verweigert Moskau mit dem (nicht abwegigen) Argument, damit die Überlegenheit des Westens mit konventionellen (nicht atomaren) Waffen auszugleichen.
Abrüster Westerwelle müsste mithin plausibel machen, wie er das russische Arsenal abzubauen gedenkt. Solange der Außenminister dies nicht zu begreifen vermag, wird sein Vorstoß als deutscher Sonderweg wahrgenommen – zum Schaden westlicher Interessen.