Düsseldorf. Der Kohleausstieg 2030 wackelt. Jetzt könnten die geschwärzten Akten zum grünen „Hinterzimmer-Deal“ mit RWE doch noch geöffnet werden.

Die dubiosen Umstände der Verständigung zwischen der schwarz-grünen Landesregierung und dem Essener RWE-Konzern über einen um acht Jahre vorgezogenen Kohleausstieg ziehen politisch weitere Kreise. Der FDP-Landtagsfraktionsvorsitzende Henning Höne hat jetzt volle Akteneinsicht beantragt und behält sich rechtliche Schritte vor: „Wir müssen die Hintergründe des geheimen Grünen-Deals mit RWE transparent machen“, erklärte Höne.

Der Oppositionspolitiker reagiert damit auf einen teilweisen Ablehnungsbescheid zu seiner Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG). Die Landesregierung musste zuletzt zwar interne Schriftwechsel zum vorgezogenen Kohleausstiegsbeschluss aus dem Herbst 2022 veröffentlichen, hielt jedoch sämtliche E-Mails von RWE-Vertretern an die beteiligten Ministerien und die interne Korrespondenz im NRW-Wirtschaftsressort weiter unter Verschluss.

Geheimer Kohle-Deal: Grünes Quartett pflegte den kleinen Dienstweg

„Dieses Katz- und Maus-Spiel, das sich die Grünen mit dem Parlament und der Öffentlichkeit liefern, muss schnellstmöglich beendet werden“, forderte Höne. Nachdem parlamentarische Anfragen nicht weiterführten, hatte der FDP-Mann bereits ungewöhnlicherweise das Informationsfreiheitsgesetz zur weiteren Recherche genutzt. Dadurch kam heraus, dass sich im Herbst 2022 vier prominente Grünen-Politiker in einer zentralen Frage der NRW-Stromversorgungssicherheit gewissermaßen auf dem kleinen Dienstweg mit RWE-Chef Markus Krebber geeinigt hatten.

Über Wochen waren nur Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, sein inzwischen wegen der „Trauzeugen-Affäre“ zurückgetretener Staatssekretär Patrick Graichen, NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur und NRW-Umweltminister Oliver Krischer (alle Grüne) mit dem Konzern im Geschäft. In teilweise kumpeligem Ton wurde beschlossen, Parlament und Kabinett bewusst außen vor zu lassen. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) griff offenbar erst kurz vor Veröffentlichung des „Hinterzimmer-Deals“ mit Änderungswünschen am Ausstiegsbeschluss ein. Die grüne Landtagsfraktion wurde exklusiv vorab informiert.

Kohle-Laufzeitverlängerung: Zahlt der Steuerzahler am Ende die Rechnung?

Der von 2038 auf 2030 vorgezogene Kohleausstieg in NRW sollte möglicherweise als Erfolgsmeldung vor Beginn des grünen Bundesparteitages am 14. Oktober 2022 platziert werden, der von Energiekrise und AKW-Laufzeitverlängerung überschattet zu werden drohte. RWE nutzte dem Anschein nach professionell seine Chance, um einen für das Unternehmen sehr gutes Verhandlungsergebnis zu erzielen.

Experten bezweifeln inzwischen, dass bis 2030 genügend wasserstofffähige Gaskraftwerke gebaut sind, die als Rückfalloption für sonnen- und windarme Stunden hochsubventioniert werden müssen. Wahrscheinlicher ist, dass Braunkohlekraftwerke länger am Netz bleiben werden. Für die Kosten und die fälligen CO2-Zertifikate müsste dann nicht mehr RWE, sondern der Bund aufkommen. „Ein millionenschweres Risiko, das Bund und Land dem Steuerzahler aufbürden“, berichtete das WDR-Fernsehen.