Düsseldorf. Das NRW-Handwerk boomt weiter. Doch viele Jungmeister scheuen die Selbstständigkeit. Die Kammer hat Hinweise, woran das liegt.

Nicht einmal mehr jeder zweite neue Handwerksmeister plant eine Unternehmensgründung. Das ergab eine aktuelle Umfrage unter Jungmeistern im größten NRW-Handwerkskammerbezirk Düsseldorf. Im Vorjahr hatte es mit knapp 5800 Neueintragungen noch so viele Existenzgründungen gegeben wie seit 15 Jahren nicht mehr.

Den Einbruch bei der Gründungsbereitschaft erklärte Handwerkskammerpräsident Andreas Ehlert mit der Sorge, für den Unternehmensstart keine ausreichende Zahl an qualifizierten Mitarbeitern zu finden und von einer Bürokratielast erdrückt zu werden. Die allgemeine Verunsicherung in der Gesellschaft tue ihr Übriges. Angesichts des anhaltenden Fachkräftemangels sei es für manchen Meister auch heute attraktiver, ohne unternehmerisches Risiko als begehrter Angestellter mit monatlich bis zu 6000 Euro plus Dienstwagen zu arbeiten, so die Düsseldorfer Kammerspitze.

Mehr als 58 Jungmeister des Handwerks empfinden Bürokratie als Problem

„Die Handwerker wollen am liebsten arbeiten und keine Formulare ausfüllen“, sagte Ehlert. Mehr als 58 Prozent der Jungmeister hätten bürokratische Belastungen als Hindernis für die Betriebsgründung angeben. Dazu werden Handlungs- und Dokumentationspflichten aus dem Verpackungsgesetz, aus dem Abfallrecht, aus dem Datenschutz oder bei der Produktnachverfolgung gezählt.

Ehlert appellierte an die Politik, die Vorschriften so zu vereinfachen, „dass es der Kleinste vom Kleinsten leisten kann“. Nötig sei ein zwischen allen staatlichen Ebenen verabredetes „Moratorium zur Entrümpelung und Vereinfachung von Vorschriften“. Handwerksbetriebe in NRW verfügen durchschnittlich nur über sechs Mitarbeiter, so dass der Chef in der Regel nicht nur Büroarbeit verrichten kann. Es sei wichtiger zu entlasten, als immer neue Förderprogramme aufzulegen. „Ich will dem Staat einmal meine Daten geben und fertig“, sagte Ehlert, der selbst einen Schornsteinfeger-Betrieb in Düsseldorf führt.

NRW-Handwerk hat weiterhin goldenen Boden: 82 Prozent empfinden die Aussichten als gut

Trotz des jüngsten Konjunktureinbruchs hat das NRW-Handwerk weiterhin goldenen Boden. 82 Prozent der Jungmeister schätzen ihre beruflichen Chancen als gut oder sehr gut ein. Die Betriebe schieben noch immer Aufträge für mehr als neun Wochen vor sich her. Vor allem in den Gewerken der Energie- und Verkehrswende, also Heizung, Sanitär und Kraftfahrzeugtechnik, werden auf Jahre beste Job-Aussichten vorausgesagt. Das Handwerk wird auch immer diverser: Der Anteil der neuen Meisterinnen ist auf 23 Prozent gestiegen, der Ausländeranteil liegt bei etwa 10 Prozent, immer mehr Abiturienten ziehen die Lehre dem Studium vor.

NRW hatte zuletzt zahlreiche Initiativen zur Aufwertung der dualen Ausbildung gestartet. So wurde eine Meistergründungsprämie auf 10.500 Euro erhöht, das Meister-Bafög angehoben und im vergangenen Jahr eine Meisterprämie von 2500 Euro eingeführt. Wie aus dem aktuellen Meisterjahrgang zu hören ist, hatte die NRW-weit zuständige Bezirksregierung Köln jedoch geschlagene zehn Monate benötigt, um diese Prämie auszuzahlen.