Berlin. Spanien, Irland und Norwegen wollen Palästina als eigenen Staat anerkennen. Wie funktioniert das – und welche Hürden stehen im Weg?
Norwegen, Irland und Spanien werden Palästina als Staat anerkennen. Die Regierungen der jeweiligen Länder haben beschlossen, noch im Mai die Anerkennung zu vollziehen. „Die Palästinenser haben ein grundlegendes, unabhängiges Recht auf einen eigenen Staat“, stellte Oslo fest. Israelis und Palästinenser hätten das Recht auf ein Leben in Frieden, den es ohne eine Zweistaatenlösung nicht geben könne. Die Anerkennung Palästinas solle diese Idee am Leben erhalten.
Der Schritt war angekündigt, Mitte Mai hatte Irlands Außenminister Micheál Martin gesagt, ein weiteres Hinauszögern der Anerkennung sei „nicht länger glaubwürdig oder haltbar“. Was bedeutet so eine Anerkennung – und was folgt aus dem Schritt der drei europäischen Nationen?
Wann gilt ein Staat als Staat?
Laut Völkerrecht muss ein Staat drei Bedingungen erfüllen, um als solcher zu gelten: Er muss über ein Staatsgebiet, ein Staatsvolk und eine Staatsgewalt verfügen. Das heißt, ein Land braucht ein Gebiet mit klar definierten Grenzen, eine Bevölkerung, die (freiwillig) in dem Gebiet lebt und eine Regierung, ein Parlament oder auch ein Staatsoberhaupt, welches dafür sorgt, dass in dem Gebiet Gesetze gelten und eingehalten werden. Für die Definition eines Staates wird neben den genannten drei Merkmalen außerdem die Fähigkeit eines Staates, mit anderen in Beziehung zu treten, einbezogen.
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Wann gilt ein Staat als international anerkannt?
Die Definition als Staat ist für die Anerkennung zwar erforderlich, Staaten können in der Praxis allerdings selbständig entscheiden, ob sie einen anderen Staat anerkennen oder nicht. In der Regel erfolgt die Anerkennung, indem die Regierung eines Landes erklärt, dass sie die Grenzen und Souveränität als rechtsgültig ansieht.
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Die Mitgliedschaft in internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen gilt dabei nach Angaben des Politikwissenschaftlers James Ker-Lindsay als Gütesiegel, ist aber keine Bedingung. „Das ist der Goldstandard: Jedes aufstrebende Land will Mitglied der Vereinten Nationen werden. Das hat eine symbolische Kraft, aber auch viele praktische Gründe.“
Wie wird ein Staat Mitglied bei der UN?
Staaten, die sich für eine Mitgliedschaft bei den UN bewerben, müssen vom Sicherheitsrat vorgeschlagen werden, anschließend wird in der Generalversammlung darüber abgestimmt, heißt es in der UN-Charta. Die fünf dauerhaften Mitglieder des UN-Sicherheitsrates (Frankreich, Russland, USA, China und Großbritannien) haben dabei ein Vetorecht.
Welche Folgen hat eine internationale Anerkennung?
Die Merkmale einer internationalen Anerkennung sind unter anderem Botschaften in anderen Staaten, diplomatische Kontakte und Beziehungen, Staatsbesuche und die Mitgliedschaft in internationalen Organisationen. Nicht-Anerkannte Staaten, die dennoch Mitglied bei den Vereinten Nationen sind, haben lediglich bilaterale Auswirkungen mit den Ländern, die sie nicht anerkennen, zu befürchten. Ein Beispiel dafür ist Israel (von 30 UN-Mitgliedern nicht anerkannt). Die Folgen für die Bevölkerung sind eher gering.
Anders sieht das aus, wenn nicht anerkannte Staaten kein Mitglied in internationalen Organisationen sind und damit nicht in die internationale Gemeinschaft aufgenommen werden. Diplomatische Beziehungen werden erschwert, in der Regel gibt es keine Staatsbesuche. In den Kosovo waren internationale Postzustellungen lange Zeit nicht möglich. Überweisungen ins Ausland mithilfe internationaler Zahlungsdienstleister, etwa Swift, sind in Ländern wie Palästina nur unter erschwerten Bedingungen möglich.
Warum werden manche Staaten nicht anerkannt?
In vielen Fällen würde die Anerkennung von Staaten zu diplomatischen Problemen führen und Konflikte anheizen – etwa dann, wenn eine Region abgrenzen will – wie etwa Taiwan von China. Als Litauen 2021 eine diplomatische Vertretung Taiwans in Vilnius eröffnete, verhängte Peking umgehend Wirtschaftssanktionen und stufte die diplomatischen Beziehungen zu dem Land runter.
Was steht einer Anerkennung Palästinas entgegen?
Ähnlich verhält es sich auch mit der Anerkennung Palästinas. Der palästinensische UN-Botschafter hat in einem Brief an UN-Generalsekretär António Guterres darum gebeten, den 2011 eingereichten Antrag zur Aufnahme neu zu prüfen. Von den 193 UN-Mitgliedern erkennen bereits 143 Staaten Palästina als unabhängigen Staat an. Deutschland lehnt dies derzeit ab, Frankreich, die USA und Großbritannien wollen einer Aufnahme in die UN erst dann zustimmen, wenn der Konflikt beendet ist.
Wie sich das auf die diplomatischen Beziehungen mit Israel auswirkt, bleibt abzuwarten. Fest steht, dass Israels Regierung den Staat Palästina entschieden ablehnt. Regierungschef Benjamin Netanjahu äußerte sich Ende Januar dazu auf X (ehemals Twitter): „Ich werde keine Kompromisse eingehen, wenn es um die volle israelische Sicherheitskontrolle über das gesamte Gebiet westlich des Jordans geht – und das steht im Widerspruch zu einem palästinensischen Staat“.