NRW-Innenminister Reul benennt ein Problem, für das er keine Lösung hat. Trotzdem ist es wichtig, es nicht den Hetzern zu überlassen.
Das muss man erst mal schaffen. Die Kriminalität ist in Nordrhein-Westfalen nach einem kleinen Corona-Zwischentief wieder deutlich auf dem Vormarsch. Bei Raubdelikten läuft das Land sogar auf ein betrübliches Zehn-Jahres-Hoch zu. Und dennoch: NRW-Innenminister Herbert Reul ist der mit Abstand bekannteste und beliebteste Politiker im Land. Wie macht er das?
Vermutlich honorieren die Leute, wenn man ihnen die Wahrheit sagt und die eigene Ohnmacht bisweilen einfach zugibt. Im politischen Selbstbespiegelungsbetrieb, der Schönfärben und Schaumschlagen zu Kerndisziplinen zählt, ist das selten genug. Reul hat nun offengelegt, was viele längst ahnten: Die Ausländerkriminalität wächst; der Anteil von Tatverdächtigen ohne deutschen Pass, auch jener von Menschen mit Flüchtlingsstatus, ist deutlich überproportional.
Die AfD schlachtet das Verhetzungspotenzial des Themas ohnehin genussvoll aus
Es ist richtig, das Problem der Ausländerkriminalität so klar zu benennen. Wegschauen ist keine Option mehr. Die AfD, die zwar selbst kein einziges praxistaugliches Instrument anzubieten hat, schlachtet das Verhetzungspotenzial des Themas ohnehin genussvoll in den Social Media-Kanälen aus. Reul dagegen differenziert, ordnet ein und warnt vor tumben Parolen.
Nur eine Lösung hat er nicht. Die Rekordeinstellungszahlen bei der Polizei, die Investitionen in Technik, die Erweiterung der Eingriffsbefugnisse – all die Anstrengungen zeigen bei der Ausländerkriminalität kaum messbare Erfolge. Die wären wohl nur im Zusammenspiel mit einer anderen EU-Migrationspolitik, mit mehr Repression aus dem Bund und einer besseren Flucht- und Integrationsstrategie in NRW zu erzielen. Aber Selbsterkenntnis ist ja bekanntlich der erste Schritt zur Besserung.