Düsseldorf. Der Umgang mit der AfD bei der Berlinale stürzt NRW in ein Dilemma: Feiert Wüst trotz Künstler-Protesten mit der „Nazi-Partei“?
Die Präsenz von AfD-Politikern bei den internationalen Filmfestspielen „Berlinale“ beschäftigt jetzt auch die NRW-Landespolitik. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat nordrhein-westfälische Abgeordnete der Partei aus Landtag und Bundestag trotz der jüngsten Protestwelle gegen Rechtsextremismus zum großen Berlinale-Empfang in die Berliner Landesvertretung eingeladen.
„Unter den Geladenen sind wie üblich die Vorsitzenden der Fraktionen im Landtag sowie die Mitglieder der zuständigen Ausschüsse im Landtag, außerdem Mitglieder des Bundestages aus Nordrhein-Westfalen sowie die Vorsitzenden aller Fraktionen des Deutschen Bundestags. Das umfasst im Sinne der Gleichbehandlung gewählter Abgeordneter Mitglieder aller in den beiden Parlamenten vertretenen Parteien“, bestätigte eine Sprecherin der Landesvertretung unserer Redaktion.
NRW-Empfang zur Berlinale ist Großereignis des Filmfestivals
Im Vorfeld der Filmfestspiele hatten rund 200 Kulturschaffende die Berlinale-Organisatoren bereits zur Rücknahme von Einladungen an die AfD für die Eröffnungsfeier am 15. Februar aufgerufen. Nach Bekanntwerden eines Treffens von AfD-Funktionären mit Rechtsextremisten in Potsdam, bei dem Vertreibungspläne für Menschen mit Migrationshintergrund beraten worden sein sollen, fordern bekannte Schauspieler und Regisseure „Haltung“ ein. Da die Filmstiftung NRW ein wichtiger Geldgeber der Branche ist, gehört der Landesempfang am 18. Februar zu den gesellschaftlichen Höhepunkten des Festivals. In den vergangenen Jahren durfte Ministerpräsident Wüst mit vielen Filmstars auf dem roten Teppich posieren.
In der Landespolitik ruft die Einladungsroutine der Landesregierung ungeachtet der gegenwärtig aufgewühlten Stimmungslage Kritik hervor. „Hendrik Wüst hat die AfD im Landtag eine brandgefährliche Nazi-Partei genannt - womit er Recht hat. Dann darf er ihr aber auch nicht den roten Teppich ausrollen“, sagte der SPD-Landtagsabgeordnete Serdar Yüksel unserer Redaktion.
Auch die Grüne Jugend in NRW kritisiert Einladung zum Berlinale-Empfang
Auch in den schwarz-grünen Reihen gibt es Unbehagen. „Wenn Wüst sich richtigerweise hinstellt und sagt, dass die AfD eine Nazi-Partei ist, dann muss er auch die Konsequenz ziehen und darf die AfD nicht zum Berlinale-Empfang des Landes einladen“, erklärte die Vorsitzende der Grünen Jugend, Laura Alderath, unserer Redaktion.
Die Landesregierung sieht sich jedoch ebenso wie der Bund im Dilemma, dass man gewählte Abgeordnete bei einer weitgehend aus Steuermitteln finanzierten Veranstaltung nicht einfach außen vor lassen könne. „Die Landesregierung wird gleichzeitig verdeutlichen, dass beim Berlinale-Empfang kein Platz für Antisemitismus, Rassismus oder Demokratiefeindlichkeit ist“, so die Sprecherin der Landesvertretung.
AfD-Landtagsfraktionschef Martin Vincentz und der kulturpolitische Sprecher Hartmut Beucker bestätigten den Eingang einer Einladung, wollen ihre Teilnahme jedoch aus Termingründen absagen. Inwieweit AfD-Bundestagsabgeordnete zum NRW-Fest kommen werden, blieb zunächst unklar.
Nach Kritik: Berlinale-Leitung lädt AfD-Politiker wieder aus
Die zur Eröffnungsgala eingeladenen AfD-Politikerinnen und -Politiker hat das Leitungsduo der Berlinale mittlerweile wieder ausgeladen. Mariëtte Rissenbeek und Carlo Chatrian teilten ihnen schriftlich mit, „dass sie auf der Berlinale nicht willkommen sind“. „Die Berlinale engagiert sich seit Jahrzehnten für demokratische Grundwerte und gegen jede Form von Rechtsextremismus. Dafür stehen das Filmprogramm und die Berlinale als Kulturinstitution“, heißt es in einer Mitteilung.
Die Berlinale begründet ihre Entscheidung auch mit der Enthüllung des Geheimtreffens von unter anderem AfD-Politikern, Mitglieder der rechtskonservativen Werteunion und Rechtsextremen. Zuvor hatte es heftige Kritik aus der Filmbranche an der Einladung der AfD-Politiker gegeben. Unter anderem der Bundesverband Schauspiel hatte sich ablehnend geäußert.