Düsseldorf. Die neue Türkei-nahe Vereinigung Dava will bei Muslimen in NRW punkten. Warum Europaminister Liminski viel Spaltungspotenzial fürchtet.

NRW-Europaminister Nathanael Liminski (CDU) hat eindringlich vor dem Spaltungspotenzial der neu gegründeten Türkei-nahen Vereinigung Dava gewarnt. „Die Gründung der Dava-Initiative ist der vorläufige Höhepunkt der Anstrengungen aus Ankara, eine AKP-treue Parallelwelt in Deutschland zu schaffen. Diese Bestrebungen haben das Potenzial, unsere Gesellschaft zu spalten, weshalb wir als NRW-Landesregierung das mit kritischer Aufmerksamkeit beobachten“, sagte Liminski unserer Redaktion am Freitag.

Dava muss vor der Europawahl noch Unterschriften sammeln

Mitte Januar hatte die „Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch“ (Dava) angekündigt, bei der Europawahl am 9. Juni antreten zu wollen. Die Vereinigung wirbt offenbar gezielt bei ethnischen Minderheiten, türkisch-stämmigen Deutschen und Menschen muslimischen Glaubens um Unterstützung. Zu den ersten bekannt gewordenen Kandidaten für das EU-Parlament gehören zwei Männer, die sich zuvor in Islamverbänden engagiert hatten.

Der Dava-Vorsitzende Teyfik Özcan hat gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) Vorwürfe zurückgewiesen, seine Organisation sei ein deutscher Ableger der islamisch-konservativen Partei AKP des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. „Dava“ bedeutet im Türkischen „Sache“, „Ereignis“ oder „Mission“, weckt aber zugleich Assoziationen an den arabischen Begriff „Dawa“, der auch als „islamischen Missionierung“ verstanden werden kann. Über die politischen Ziele wurde bislang wenig bekannt - außer dem Eintreten für traditionelle Werte und einer angestrebten Aufwertung muslimischer Verbände.

Potenzial für Dava? In NRW leben 1,5 Millionen Muslime

NRW-Europaminister Liminski ruft zur Wachsamkeit auf: „Diskursverweigerung, Diskriminierung und Demokratiefeindlichkeit haben im Europäischen Parlament nichts zu suchen. Wir brauchen konstruktive Mehrheiten für das freiheitliche und demokratische Europa, nicht dagegen.“ Noch ist nicht ausgemacht, dass Dava bei der Europawahl antreten darf. Die Vereinigung genießt noch keinen Partei-Status. Bis März muss zunächst eine ausreichende Zahl an Unterschriften vorgelegt werden. Die Europawahl gilt als Testlauf für eine mögliche Teilnahme an der Bundestagswahl im kommenden Jahr. Erklärtes Nahziel ist mindestens ein Sitz in Brüssel und Straßburg. NRW dürfte für die Vereinigung ein besonders wichtiger Aktionsraum sein, weil allein an Rhein und Ruhr etwa 1,5 Millionen Muslime leben - mehr als die Hälfte davon mit türkischen Wurzeln. Das bundesweite Wählerpotenzial wird auf fünf Millionen Menschen taxiert.

Liminski sieht die Bestrebungen auch als Auftrag an die etablierten Parteien. „Wenn alle demokratischen Parteien ihrer Verantwortung für die Integration auch an der Wahlurne nachkommen, wird es gelingen, Gruppierungen wie die Dava überflüssig zu machen und in der Bedeutungslosigkeit zu halten“, so der Minister.