Die AfD will den umstrittenen Juristen Vosgerau trotz Teilnahme an Potsdamer Konferenz nicht zurückziehen. Jetzt reagiert der Landtag.
Nach dem Potsdamer Treffen rechtsradikaler Kreise ist es im Düsseldorfer Landtag zu einem ungewöhnlichen Schulterschluss gekommen. Die Fraktionen von CDU, Grünen, SPD und FDP haben nach Informationen unserer Redaktion am Dienstag gemeinsam eine Änderung der Geschäftsordnung des Parlaments auf den Weg gebracht. Damit sollen Sachverständige künftig erstmals abberufen werden können.
Der Schritt gilt als Reaktion auf den Umgang der AfD mit dem umstrittenen Juristen Ulrich Vosgerau, der im November an der jüngst bekannt gewordenen Konferenz mit führenden Vertretern des rechtsextremen Identitären Bewegung in Potsdam teilgenommen hatte. Dabei sollen Pläne zur Ausweisung von Millionen Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland beraten worden sein. Unter den Teilnehmern befanden sich ranghohe AfD-Funktionäre, aber auch Unternehmer und CDU-Mitglieder.
Nach Neonazi-Treffen in Potsdam: AfD will Vosgerau nicht abberufen
Die AfD hatte Vosgerau als Sachverständigen für die der Enquetekommission „Krisen- und Notfallmanagement“ benannt und lehnt eine Abberufung trotz der Enthüllungen des Recherchenetzwerks „Correctiv“ ab. Die Expertise des Juristen, der CDU-Mitglied ist und an der Universität Köln gelehrt hat, sei unbestritten, erklärte der Kommissionsvorsitzende und AfD-Landeschef Martin Vincentz. Auch Vosgerau selbst sah keine Veranlassung zurückzutreten, da er in Potsdam lediglich an einer privaten Buchvorstellung des österreichischen Rechtsextremisten Martin Sellner habe teilnehmen wollen, um ihn einmal persönlich kennenzulernen. Er habe sich die Positionen Sellners gar nicht zu eigen gemacht: „Ich hätte sicherlich keine öffentliche Veranstaltung mit Martin Sellner durchgeführt, da ich ja die Position der Identitären Bewegung keineswegs unterstütze“, erklärte Vosgerau vor der letzten Sitzung der Enquetekommission am vergangenen Freitag.
Sachverständige im NRW-Landtag können künftig mit Zwei-Drittel-Mehrheit abberufen werden
Mit der Änderung der Geschäftsordnung, die an diesem Mittwoch in der Plenarsitzung des Landtags beschlossen werden soll, können Sachverständige künftig auch gegen den Willen der vorschlagenden Fraktion mit Zwei-Drittel-Mehrheit rausgeworfen werden. „Wer an Deportationskonferenzen teilnimmt, ist schlicht und einfach persönlich ungeeignet, als Sachverständiger in einer Enquetekommission mitzuwirken“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Matthias Kerkhoff, auf Anfrage unserer Redaktion. Es sei auch den anderen Sachverständigen nicht weiter zuzumuten, „mit solchen Personen zusammenzuarbeiten“, so Kerkhoff weiter.
Die Enquetekommission „Krisen- und Notfallmanagement“ soll zunächst für zwei Jahre bestehen und dann dem Parlament einen Abschlussbericht vorlegen. Die traditionell überparteiliche Arbeit des Gremiums wird von Sachverständigen begleitet, die von jeder Fraktion vorgeschlagen werden dürfen. Die Wissenschaftler erhalten dafür vom Landtag 2000 Euro pro Quartal. Die Frage einer Abberufung hatte sich bislang nie gestellt.