Düsseldorf. Der Schulsozialindex in NRW, der Ungleiches ungleich behandeln will, ist eine gute Idee - die an zwei bitteren Realitäten zerschellt.

Über Jahre kannte die NRW-Bildungspolitik drei Tabuthemen: den schulscharfen Sozialindex, die exakte Messung von Unterrichtsausfall und die Rückabwicklung des „Turbo-Abiturs“. Das Standardargument für abwimmelnde Untätigkeit lautete immerzu: zu teuer, zu bürokratisch, bringt eh nichts. Daran darf man gerade jetzt, wo sie sich so geräuschlos-kommod in der „Zukunftskoalition“ von CDU-Ministerpräsident Wüst eingerichtet haben, ruhig die Grünen erinnern. Es musste ironischerweise erst die unglückliche FDP-Ministerin Gebauer kommen, um den angeblich unmöglichen Wechsel zu G9 zu organisieren, die Ausfallstunden-Datenbank aufzubauen und 2020 zumindest mal den Einstieg in einen Schulsozialindex zu schaffen.

Lehrerverteilung in NRW nach Sozialindex: Es bleibt eine Mangelverwaltung

Es ist gut, dass ihre CDU-Nachfolgerin Feller den pädagogischen Grundsatz „Ungleiches ungleich behandeln“ weiterverfolgt und den Sozialindex verfeinert. Wer überproportional viele Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern, mit Migrationshintergrund oder Förderbedarf unterrichtet, braucht einfach mehr Ressourcen als der Kollege im bildungsbürgerlichen Vorort. Zwei Probleme bekommt Feller jedoch nicht weggerechnet. Erstens: Die Sorge, als „Brennpunkt-Schule“ einen Imageschaden zu erleiden, ist weit verbreitet. Zumindest so lange Eltern glauben, die Bildungsarmut des Banknachbarn schade dem eigenen Kind. Und Jung-Lehrer auf Stellensuche nicht wahrnehmen wollen, dass die besten Kollegien oft im schwierigsten Umfeld arbeiten. Zweitens: Wenn insgesamt Tausende Lehrerstellen in NRW unbesetzt bleiben, verwaltet die Ministerin selbst mit noch so gutem Sozialindex am Ende nur den Mangel.