Berlin. Der Militärexperte ordnet den Geisel-Deal zwischen Israel und der Hamas ein und erklärt, was die Ampel-Krise für Folgen haben könnte.
Ungeachtet des Abkommens zur Freilassung von Geiseln dürfte Israel an seinem Ziel festhalten, die Hamas zu zerstören, vermutet der Militärexperte Carlo Masala im Interview. Zudem warnt der Professor an der Universität der Bundeswehr die deutsche Bundesregierung vor einem gravierenden Fehler.
Herr Professor Masala, zwischen Israel und der Hamas gibt es eine Übereinkunft zur Freilassung von Geiseln. Hat dieser Deal das Potenzial, den Gaza-Krieg insgesamt zu entschärfen?
Carlo Masala: Der Druck auf Israel, seine militärische Operation in Gaza einzustellen, ist groß – auch seitens der Schutzmacht USA. Aber letzten Endes ist es so, dass Israel ein Ziel ausgegeben hat und die Mehrheit der israelischen Bevölkerung hinter der Erreichung dieses Ziels steht. Und zwar der militärischen und politischen Zerstörung der Hamas. Deshalb habe ich Zweifel, ob die nun vereinbarte Feuerpause und die Freilassung von Geiseln den Auftakt bilden können für eine umfassende Lösung des Konflikts. Diese müsste die Hamas mit einbeziehen. Das ist aus israelischer Sicht nicht vorstellbar.
Ein Teil der Übereinkunft ist eine mehrtägige Feuerpause. Birgt dies aus israelischer Sicht militärische Risiken?
Ja, und zwar erhebliche. Wenn jetzt vier Tage oder länger in Gaza die Waffen ruhen, dann kann die Hamas die Zeit nutzen, um sich zu regruppieren. Wenn die israelischen Informationen stimmen – wohinter man ein Fragezeichen setzen muss, dann ist die Hamas im Norden des Gazastreifens kollabiert. Eine Feuerpause gibt der Organisation die Möglichkeit, ihre Strukturen zu stärken. Sie könnte Kämpfer und Waffen an andere Orte schaffen, die Moral der Kämpfer festigen oder Tunnel mit Sprengstoff befüllen.
Der Deal kam maßgeblich auf Vermittlung Katars zustande. Welches Spiel spielt das Emirat in dem Konflikt?
Katar ist der größte Unterstützer des Gazastreifens und der Hamas. Wir schauen immer auf den Iran, der eine wichtige Rolle spielt bei allen militärischen Fragen in Bezug auf die Hamas. Aber man muss auch sehen, woher in den vergangenen Jahren das Geld kam – nämlich vor allem aus Katar. Das Land hat sich auch im Syrien-Konflikt dadurch ausgezeichnet, dass es viele islamistische Gruppen unterstützte.
Mit welchem Ziel?
Das gas- und ölreiche Emirat betreibt eine Außenpolitik, deren Ziel es ist, in der Region die dominante Position Saudi-Arabiens zu schwächen. Wenn es opportun erscheint, schlägt sich Katar auf die Seite des Westens. In den vergangenen Jahren bezog es aber häufig Position gegen Israel. Es ist kein Zufall, dass das Politbüro der Hamas seinen Sitz in Katars Hauptstadt Doha hat und nicht in Irans Hauptstadt Teheran. Für Israel ist Katar ein akzeptabler Gesprächspartner, weil das Emirat als Hauptfinanzier Einfluss auf die Hamas hat.
Deutschland unterstützt die israelischen Streitkräfte punktuell mit Ausrüstung, in sehr großem Umfang gehen Waffen, Munition und Geld in die überfallene Ukraine. Befürchten Sie, dass all das aufgrund des jüngsten Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Haushaltspolitik infrage gestellt werden könnte?
Wenn die Regierung nun im großen Stil sparen muss, wird diese Debatte kommen. Es gibt innerhalb und außerhalb der Parlamente viele Leute, die meinen, dass man beim Militär und insbesondere bei der Unterstützung für die Ukraine den Rotstift ansetzen sollte. Das zu tun, wäre jedoch außenpolitisch dumm und ein fatales Signal in Richtung Europa und der USA.
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