Berlin. Böllern gehört zu Silvester, wie der Senf zur Bratwurst? Für viele Deutsche längst nicht mehr. Sie haben die Zeichen der Zeit erkannt.
Es jault und blitzt, Pulverschwaden ziehen durch die Straßen, in nah und fern donnert es, während Menschen durch die Gassen torkeln. Was nach einem Bombenangriff klingt – die in der oder im Gazastreifen und Israel grausamer Alltag sind – erfreut in Deutschland jährlich Millionen, trotz hohem Kostenaufwand: Silvesterfeuerwerk.
Zugegeben: In Zeiten wie diesen ist der Wunsch nach Exzess, Ekstase und Eskapade verständlich. Allein, die Knallerei ist in Kriegszeiten schlicht nicht mehr zeitgemäß. Sie erinnert zu viele Menschen an schrecklichste Gewalterfahrungen, reißt Wunden auf, die ohnehin kaum zu heilen vermögen.
Gesundheitsschädlich ist sie allemal, da muss man nur in die Notaufnahmen zwischen Kiel und Rosenheim schauen, wenn krachend das neue Jahr begrüßt wird. Und wer ein Haustier hat, wünscht sich in den Stunden um den Jahreswechsel sowieso auf den Mond.
Viele Menschen wollen keine Böllerei mehr haben
Erfreulich ist, dass die Mehrheit der Menschen in Deutschland das erkannt hat. In Umfragen sprechen sich mehr und mehr gegen das Böllern aus, wollen zumindest nur noch Profis an den Sprengstoff lassen oder fordern – unter dem Eindruck der Silvesterkrawallen – gar ein komplettes Verbot.
Nun leben wir in einem freien Land und die Freiheit mag das Verbot nicht so recht. Zumal dieses ohnehin nicht viel bringt. Selbst Berlin will das Feuerwerk nicht verbieten, denkt aber über eine Ausweitung von Verbotszonen nach. Es ist eben so: Wer ballern will, der findet – nicht nur in der Hauptstadt – einen Weg.
Dennoch darf man jenen, für die Raketen und Böller der Inbegriff des individuellen Lebensentwurfs zu sein scheinen, zurufen: Bitte, nehmt doch Rücksicht auf die Mehrheit. Wenigstens ein bisschen.