Berlin. Hamas-Milizionäre haben am Samstag ein Festival gestürmt. Dabei kam es zu grauenerregenden Szenen – und offenbar Hunderten Opfern.
- Hamas-Kämpfer haben eine junge Israeli mit deutschen Wurzeln entführt
- Die Mutter von Shani Louk erkannte ihre Tochter auf einem Video
- Ihre Tante richtet einen ergreifenden Appell an die Bundesregierung
Langsam zeigt sich das volle Ausmaß des Grauens nach dem Angriff der Hamas auf Israel seit Samstagmorgen. Erst am Sonntagmittag konnten sich israelische Soldaten und Helfer zu einem Musik-Festival an der Grenze zum Gazastreifen durchkämpfen. Bis zum Sonntagabend stieg die Zahl der Toten nach offiziellen Angaben auf 260. Es scheint, als sei das Fest und die dort feiernden, jungen Leute gezielt angegriffen worden.
Tausende Menschen waren zum Nova Festival im Süden Israels, nahe der Grenze zu Gaza, gekommen. Sie feierten dort friedlich, es war ein Musik-Fest im Zeichen des Friedens. Die Hamas-Kämpfer richteten hier ein Massaker an. Die Terroristen durchbrachen demnach den Grenzzaun und griffen die überwiegend jungen Menschen an. Auf Pick-ups und in Autos fuhren sie auf das Festivalgelände, schossen um sich und nahmen wohl auch Geiseln.
Israel: Junge Deutsche offenbar von Hamas verschleppt
Unter den Opfern ist wohl auch eine junge Deutsch-Israelin. Von der 22-jährigen Shani Louk veröffentlichten die Terroristen ein Video, in dem sie auf der Ladefläche eines Pick-up-Trucks zu sehen ist. Ihr Gesicht ist zum Boden gedreht, doch ihre Familie erkannte ein markantes Tattoo wieder. Mutter Ricarda Louk bestätigte dem „Spiegel“, dass es sich bei der jungen Frau um ihre Tochter handele. Auf den Aufnahmen trampeln mehrere Männer über ihren Körper. Ein Peiniger zerrt an ihren Haaren, ein anderer spuckt auf ihren blutenden Kopf.
Ob die junge Frau noch lebt, ist fraglich. Ihre Mutter sagte über ihre leblose Tochter auf dem Jeep: „Sie sieht bewusstlos aus.“ Die Hoffnung, dass ihre Tochter noch am Leben ist, will sie nicht aufgeben. Vom Auswärtigen Amt hieß es am Sonntagvormittag, man prüfe, ob auch deutsche Staatsangehörige unter den Opfern seien. Weitere Videos in sozialen Medien zeigen, wie Hunderte Menschen in der Wüste vor den Schüssen der Angreifer fliehen.
Tante mit emotionalem Appell an deutsche Regierung
Am Montag meldete sich die Tante der jungen Frau mit einem ergreifenden Appell. „Wir bekommen hier keine Informationen, nur aus den Videos, und die Situation ist nicht gut“, sagte Orly Louk, Tante der 22-jährigen Shani Louk, der Deutschen Presse-Agentur in Sulz am Neckar.
Ihre Nichte sei deutsche Staatsbürgerin. „Die Verantwortung liegt bei der deutschen Regierung, jemanden zu schicken und meine Nichte von diesem Horror zu befreien.“
Sie schilderte dramatische Szenen: „Sie war auf einer Party, in der Wüste, im Niemandsland. Dort tanze sie mit einer Gruppe von Menschen. Meine Nichte war dort, als eine Gruppe der Hamas die Party stürmte.“
Israel: Augenzeugin berichtet von Angriff – „Überall starben Menschen“
Auch Noya Reuven feierte auf dem Festival. Die 20-Jährige erzählt von einer Massenpanik, als die Partygänger zu ihren Fahrzeugen rannten, während über ihnen Raketen abgefeuert wurden. Reuven floh in ihr Auto und sah, wie die Terroristen in die Menge schossen. Sie habe erst nach zwei Stunden mit ihrem Jeep über einen kleinen Pfad entkommen können. Unterwegs habe sie andere Partygänger mitgenommen, die auf der Flucht waren. Eine andere Augenzeugin berichtete von rund 50 bewaffneten Angreifern, die in Militäruniform gekleidet gewesen seien.
Yaniv, ein Notfallsanitäter, der auf dem Musik-Fest war, erzählte gegenüber „Kan News“: „Es waren mindestens 200 tote Israelis in dem Gebiet, in dem ich war.“ Und weiter: „Das war ein Massaker. So etwas habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen. Die Terroristen passten die Menschen ab, die zu den Notausgängen rannten. Auf den Parkplätzen rannten Menschen herum und töteten Menschen in den Toiletten.“ Yaniv sagte, dass etwa 3000 Menschen das Musik-Festival besucht hätten.
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Auch die Überlebende Gili Yoskovich berichtete der BBC von dem Angriff: „Sie waren überall mit automatischen Waffen.“ Die Angreifer seien aus verschiedenen Richtungen gekommen und hätten um sich geschossen. Yoskovich erzählt, sie habe sich in einem kleinen Wald hinter Bäumen versteckt. „Sie gingen von Baum zu Baum und schossen. Sie kamen von zwei Seiten. Ich sah Menschen um mich herum sterben. Aber ich war ganz ruhig. Ich habe nicht geweint.“
Angriff auf Musik-Festival: Überlebende versteckte sich stundenlang
Über drei Stunden habe sie sich dort versteckt gehalten, während die Angreifer vor Ort waren. „Ich habe an meine Kinder gedacht, meine Freunde“, erzählt Yoskovich. „Ich sagte zu mir selbst, dass es noch nicht an der Zeit ist für mich, zu sterben.“ Dann habe sie plötzlich gehört, dass Hebräisch gesprochen wurde – von israelischen Soldaten. Yoskovich sagt, sie sei eine der ersten gewesen, die evakuiert wurden. „Andere wurden erst zwei, drei Stunden später rausgeholt, und dabei starben Menschen.“
In weiteren Videos ist zu sehen, wie die Angreifer Menschen verschleppen. Mindestens ein Pärchen, Noa Argamani und Avinatan Or, wurde von seinen Familien auf einem kurzen Video identifiziert. Darauf sitzt Argamani hinter einem Mann auf einem Motorrad, während sie verzweifelt um Hilfe fleht. Sie streckt ihre Arme nach ihrem Freund aus, dann fährt das Motorrad weg. Or wird neben ihr mit den Händen auf dem Rücken von mehreren Männern abgeführt. Videos, die bislang nicht verifiziert werden konnten, zeigen die Szene. Wo sich die beiden befinden und ob sie noch am Leben sind, blieb am Sonntag unklar.
Im Netz gibt es unzählige Videos, die Geiselnehmer und ihre Opfer in den angegriffenen israelischen Gebieten zeigen. Unter den Verschleppten sind Kinder, Frauen, ältere und behinderte Menschen. Wie viele Geiseln die Hamas nehmen konnte, ist derzeit noch unklar. Israelischen Angaben nach geht man von 50 Verschleppten aus. Der israelische Botschafter bei der UN sagte, dass er davon ausgehe, dass Dutzende Amerikaner in den Gazastreifen verschleppt worden seien.
Geiseln im Gazastreifen: „Das sind Zahlen, die bis jetzt unvorstellbar schienen“
Der israelische Militärsprecher Jonathan Conricus sagte am Sonntagmittag, eine „signifikante“ Zahl an israelischen Zivilisten und Soldaten werde als Geiseln im Gazastreifen gehalten. „Das sind Zahlen, die bis jetzt unvorstellbar schienen“, sagte Conricus der BBC. „Das wird den Verlauf dieses Krieges prägen.“ Noch nie zuvor seien so viele Israelis in den Händen von Terroristen gewesen, sagte er. Dies erfordere eine angemessene Antwort Israels. Die Hamas selbst gibt die Zahl der Geiseln mit „mehreren Dutzend“ an. Sie seien an verschiedene Orte im Gazastreifen gebracht worden.
Auf einem Video ist zu sehen, wie bewaffnete Hamas-Kämpfer in einer israelischen Siedlung mehrere Männer und Frauen abführen. Die Geiseln sind barfuß und wirken verstört. Auf einem anderen Foto ist eine ältere Frau in einem Golf-Auto zu sehen. Sie ist in eine Decke gehüllt, neben ihr sitzen bewaffnete Kämpfer. Einer hält ein Gewehr in die Luft. Sie fahren durch ein Feld.
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