Berlin. Juso-Chefin Rosenthal geht mit der Parteispitze hart ins Gericht: Ihr Vorgehen in der Flüchtlingsfrage sei mit SPD-Werten unvereinbar.
Vor dem Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern ist die Juso-Vorsitzende Jessica Rosenthal auf Konfrontationskurs zur Bundesregierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) gegangen. Rosenthal sagte dieser Redaktion: „Menschlichkeit und humanitäre Verpflichtung spielen in der aktuellen Debatte keine Rolle. Stattdessen spricht die Bundesregierung über Haftlager an den EU-Außengrenzen und schnellere Abschiebungen, das ist einer sozialdemokratisch geführten Bundesregierung unwürdig.“
Rosenthal ergänzte, die Jungsozialistinnen und Jungsozialisten verurteilten „insgesamt diese Abschottungsdebatte, die an Schäbigkeit kaum mehr zu überbieten ist“. Ein Abschottungskurs in Europa sei „weder mit dem europäischen Gedanken noch den Werten der SPD zu vereinbaren“.
Juso-Vorsitzende fordert vom Bund mehr Geld für die Kommunen
Scholz verhandelt am Mittwoch mit den Bundesländern angesichts gestiegener Flüchtlingszahlen über das weitere Vorgehen bei der Aufnahme und Verteilung von Migranten in Deutschland. Umstritten ist vor allem die Finanzierung. Die Länder fordern für die Kommunen mehr Geld vom Bund, die Ampel-Regierung weist dies zurück. Die Bundesregierung will die Migration besser kontrollieren.
Juso-Chefin Rosenthal schlug sich demonstrativ auf die Seite der Kommunen und forderte die Bundesregierung auf, Städte und Gemeinden stärker finanziell zu unterstützen: „Auch hier wird das Hickhack zwischen Bund und Ländern, ohne mit der Wimper zu zucken auf den Schultern der Schwächsten ausgetragen.“
Rosenthal zu Asylzentren an EU-Außengrenzen: „Wertekompass verloren“
Die SPD-Bundestagsabgeordnete fügte hinzu: „Es kann nicht sein, dass unsere Unterstützungsbereitschaft scheitert, weil gegenseitig mit dem Finger aufeinander gezeigt wird. Natürlich ist auch der Bund in der Pflicht, die Herausforderung an der Seite der Kommunen zu stemmen.“
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Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte vorgeschlagen, über bestimmte Asylverfahren in Asylzentren direkt an den EU-Außengrenzen zu entscheiden. „Wir weisen die Idee, Abschiebelager an der europäischen Außengrenze zu verankern, aufs Schärfste zurück“, sagte Rosenthal dazu. „Es wäre nicht nur ein Bruch mit dem Koalitionsvertrag, sondern macht faire Verfahren unmöglich und nimmt humanitäre Krisen vor Ort in Kauf.“
Die Vorsitzende der SPD-Nachwuchsorganisation kritisierte: „Wer die Aushöhlung des Asylrechts für einen gangbaren Weg hält, hat schlicht seinen Wertekompass verloren.“