Düsseldorf. Am Sonntag schaut Deutschland auf eine “kleine Bundestagswahl“ - doch worum geht es eigentlich genau? Eine kleine Wahlkunde.

Keine Landtagswahl in Deutschland findet so viel Beachtung wie die in Nordrhein-Westfalen. Das bevölkerungsreichste Bundesland ist eben eine "Bundesrepublik im Kleinen", weshalb die politischen Verhältnisse auch nach Berlin ausstrahlen. Die wichtigsten Fakten zum Urnengang am Sonntag:

Warum ist die NRW-Wahl so wichtig?

Weil NRW das bevölkerungsreichste Bundesland ist, gilt die Wahl als „kleine Bundestagswahl“. Sie ist zudem ein wichtiger Stimmungstest für die „Ampel“ im Bund. Wer in NRW regiert, hat auch bundespolitischen Einfluss und gilt als potenzieller Anwärter auf höchste Staats-Posten.

Wer regiert bisher?

Eine Koalition aus CDU und FDP mit nur einem Sitz Vorsprung im Landtag. Hendrik Wüst (CDU) wurde im Herbst vom Parlament zum Nachfolger von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) gewählt. Vize-Ministerpräsident ist Joachim Stamp (FDP). Die Opposition bilden SPD, Grüne, AfD und drei parteilose Ex-AfD-ler.

Womit beschäftigen sich Landtag und Landesregierung?

Die Abgeordneten und Regierenden beschäftigen sich mit Themen, die Bürgerinnen und Bürger im gesamten Bundesland betreffen. Schule und Innere Sicherheit/Polizei genießen erfahrungsgemäß großes öffentliches Interesse. Die NRW-Regierung kümmert sich zum Beispiel auch um Kitas, Krankenhäuser, Flüchtlinge, Hochschulen und Verkehr.

Wer sind die Spitzenkandidaten?

Die fünf im Landtag vertretenen Parteien haben Hendrik Wüst (CDU), Thomas Kutschaty (SPD), Mona Neubaur (Grüne), Joachim Stamp (FDP) und Markus Wagner (AfD) in die Spitzenkandidatur geschickt.

Wer darf wählen?

Wahlberechtigt sind rund 13 Millionen Bürgerinnen und Bürger, die die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben und mindestens seit dem 29. April 2022 in NRW wohnen oder sich gewöhnlich hier aufhalten. Daraus ergibt sich eine durchschnittliche Wahlberechtigten-Zahl von rund 101.500 pro Wahlkreis. Diesmal ist erstmals die Zahl der Wahlberechtigten in einem Wahlkreis entscheidend und nicht mehr die Einwohnerzahl. Die Zahl der Wahlkreise ist 128. Bei der letzten Landtagswahl 2017 gaben knapp 8,6 Millionen Wahlberechtigte ihre Stimmen ab, die Wahlbeteiligung betrug 65,2 Prozent. Zum Vergleich: Bei der Bundestagswahl am 26. September 2021 lag die Wahlbeteiligung in NRW bei 76,4 Prozent.

Der Trend geht zur Briefwahl.  Bei der Landtagswahl 2017 betrug der Briefwähleranteil 24,9 Prozent, bei der Bundestagswahl im September 2021 unter den Vorzeichen der Corona-Pandemie 47,3 Prozent. Rund 110.000 Wahlhelfer sind am Sonntag im Einsatz.

Wie groß ist der NRW-Landtag?

Laut Landeswahlleiter Wolfgang Schellen werden am Sonntag mindestens 181 Abgeordnete für fünf Jahre gewählt, davon 128 als Direktkandidatinnen oder Direktkandidaten in den Wahlkreisen und 53 über die Landeslisten der Parteien.

Die Zahl der Mandate steigt allerdings, wenn eine Partei mehr Direktmandate erringt, als ihr nach ihrem Zweitstimmenanteil zustehen. Diese „Überhangmandate“ werden durch „Ausgleichsmandate“ für die anderen Parteien im Landtag kompensiert, bis die Verteilung der Sitze das Zweitstimmenverhältnis aller Parteien korrekt abbildet. Bei der Landtagswahl 2017 ergaben sich aufgrund von sechs Überhangmandaten zwölf Ausgleichsmandate, so dass 199 Abgeordnete in den Landtag einzogen. Über die Mehrheitsverhältnisse im Landtag entscheidet also die Zweitstimme, mit der eine von 29 Partei-Landeslisten in der rechten Spalte des Stimmzettels gewählt werden kann. Wegen der Sperrklausel schafft es eine Partei aber nur dann über die Zweitstimmen ins Parlament, wenn sie mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen erhält.

Wie viele Politiker kandidieren?

Auf allen Landeslisten finden sich insgesamt 870 Bewerberinnen und Bewerber, auf dem Stimmzettel erscheinen maximal die ersten fünf einer Landesliste. Im Wahlkreis ist erfolgreich, wer als Direktkandidatin oder -kandidat die meisten Stimmen in der linken Spalte des Stimmzettels (schwarz gedruckt) bekommt. Eine absolute Mehrheit von über 50 Prozent der Erststimmen ist nicht erforderlich. Im gesamten Land treten 1.111 Direktkandidatinnen und -kandidaten an. 606 Direktkandidatinnen und -kandidaten von Parteien stehen zugleich auf deren Landeslisten.

Wie läuft die Auszählung?

Um 18 Uhr schließen die Wahllokale. Dann zählt der Wahlvorstand nach dem Vier-Augen-Prinzip die Stimmen aus und gibt das Ergebnis telefonisch an die Gemeinde. Dort werden die Ergebnisse zusammengefasst und an die Kreiswahlleiter gemeldet. Diese stellen die Ergebnisse im Wahlkreis zusammen und melden sie an die Landeswahlleitung. In der Wahlnacht erstellt diese das vorläufige Wahlergebnis, das in der Regel frühestens nach Mitternacht feststeht.

Ist der Infektionsschutz gewährleistet?

Die geltende Corona-Schutzverordnung ordnet keine Maskenpflicht für Wahlräume an. Dennoch, so der Landeswahlleiter, „sollen die allgemeinen Verhaltensregeln zu Abstand, Hygiene und Masken in allen Lebensbereichen eigenverantwortlich und solidarisch beachtet werden“. Im Wahllokal wird das Tragen einer FFP-2-Maske oder einer medizinischen Maske empfohlen.

Wie wählen Menschen mit Handicap?

Jede Kommune muss sicherstellen, dass es barrierefreie Wahlräume gibt. Die Wahlämter informieren darüber. Sollte das eigene Wahllokal nicht barrierefrei sein, kann ein Wahlschein beantragt werden. Damit kann in einem anderen, barrierefreien Wahllokal des Wahlkreises gewählt werden. Wer nicht lesen oder wegen einer Behinderung den Stimmzettel nicht selbst kennzeichnen, falten oder in die Urne einwerfen kann, darf sich von einer anderen Person helfen lassen. Blinde und Sehbehinderte erhalten von den sie vertretenden Verbänden kostenlos Stimmzettelschablonen.