Berlin. Krieg in Europa. Deutschland muss seine Versorgung mit Gas neu ordnen. Russland ist kein Partner mehr. Auf was die Regierung setzt.
Der Ukraine-Krieg sorgt für neue Verhältnisse in der Energieversorgung. Ohne Erdgas aus Russland wird es in Deutschland schnell kalt und viele Industriebetriebe müssten die Produktion einstellen. Mehr als die Hälfte des Bedarfs kommt aus Russland. Eine Alternative zu Gaslieferungen über Nord Stream wäre der Import von Flüssig-Erdgas (LNG) per Schiff. Doch dafür fehlen passende Häfen. Wann könnten die ersten Terminals in Betrieb gehen? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wie groß sind die Gasreserven in Deutschland?
Deutschland besitzt im europäischen Vergleich die größten Gasspeicher-Kapazitäten von insgesamt rund 24 Milliarden Kubikmeter. Diese nationale Gasreserve reicht, um Deutschland zwei bis drei Monate lang in kalten Wintern zu versorgen. Doch bislang gibt es keine Vorgaben, wie voll diese Speicher sein müssen. Aktuell sind sie laut Gasspeicherverband INES nur zu 30 Prozent gefüllt. Bei der russischen Gazprom, die 30 Prozent der Speicher in Deutschland betreiben, waren die Füllstände besonders niedrig.
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Wie soll die nationale Gasreserve erhöht werden?
Niedrige Füllstände möchte die neue Bundesregierung verhindern und – je nach Monat – Mindestfüllmengen gesetzlich regeln. So sollen alle Betreiber verpflichtet werden, dass ihre Speicher zum 1. Oktober zu 80 Prozent, zum 1. Dezember zu 90 Prozent und mit dem auslaufenden Winter zum 1. Februar noch zu 40 Prozent befüllt sein sollen. Das neue Gesetz soll spätestens im April im Bundestag beschlossen werden und könnte dann im Mai in Kraft treten, heißt es aus dem Ministerium.
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Gasversorgung: Was ist LNG und wo kommt es her?
LNG steht für Liquified Natural Gas – verflüssigtes Erdgas. Dafür wird das Gas auf minus 161 bis 164 Grad gekühlt. Das Volumen verringert sich dabei auf etwa ein sechshundertstel. So können große Mengen per Schiff transportiert werden. Große Exporteure sind die USA, Kanada, Katar, Australien – und Russland.
Wo wird flüssiges Gas in Europa angelandet?
Wichtige LNG-Terminals stehen in Dünkirchen (Frankreich), Rotterdam (Niederlande), Zeebrugge (Belgien) und Swinemünde (Polen). Auch im spanischen Barcelona und Cartagena gibt es große Terminals. Die Anlagen sind über Pipelines mit dem deutschen Gasnetz verbunden. Doch es besteht die Sorge, dass bei einem Engpass nicht genug Gas nach Deutschland käme – etwa wenn Russland den Gashahn zudreht.
Wo soll flüssiges Gas in Deutschland ankommen?
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zufolge plant Deutschland LNG-Terminals im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel und im niedersächsischen Wilhelmshaven. Für beide Standorte haben private Investoren Konzepte entwickelt. Für Stade-Bützfleth in Niedersachsen plant ein Konsortium ebenfalls ein Terminal.
Wer steht hinter den Projekten?
Hinter dem Projekt in Wilhelmshaven steht der Kraftwerkskonzern Uniper aus Düsseldorf. Das Terminal in Brunsbüttel treibt die Initiative German LNG um den Hamburger Energie- und Chemikalienhändler Marquard Bahls, das staatliche niederländische Gasunternehmen Gasunie sowie den niederländischen LNG-Terminal-Betreiber Vopak voran. In Stade planen der belgische Gasspezialist Fluxys, der Schweizer Finanzinvestor Partners Group und der Hamburger Logistikspezialist Buss Group.
Wie schnell können die Terminals gebaut werden?
In der Branche rechnet man drei bis vier Jahren Bauzeit, dazu kommen bis zu zwei Jahre für die Genehmigung. Uniper kündigte am Dienstag an, die 2020 aufgegebenen Pläne für Wilhelmshaven wieder in den Fokus zu rücken. In Brunsbüttel stockt das Projekt, weil der Bebauungsplan kein LNG-Terminal zulässt. Das Projekt in Stade ist beantragt.
Wann könnte das erste Flüssiggas in Deutschland anlanden?
Für Brunsbüttel ist ein Baubeginn 2023 angedacht, der Betrieb könnte 2027 starten. In Stade soll der Bau ebenfalls 2023 starten, erstes Gas könnte bereits 2026 geliefert werden. Für Wilhelmshaven gibt es noch keinen Zeitplan.
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Gibt es Alternativen?
Denkbar wäre, zunächst ein Schiff als Terminal zu nutzen. LNG-Transporter könnten daran anlegen. Das Gas würde über eine Leitung an Land befördert.
Kann LNG die Gaslieferungen aus Russland ersetzen?
Nicht vollständig. Das Terminal in Stade erwartet jährlich zwölf Milliarden Kubikmeter Erdgas, allein durch Nord Stream 1 – eine von drei Pipielines aus Russland – kommen jedes Jahr 55 Milliarden Kubikmeter Gas nach Deutschland.
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