Die Behörden sehen schon viel zu lange zu, wie sich Extremisten bei Telegram tummeln. Die Demokratie muss zeigen, dass sie wehrhaft ist
Was muss eigentlich noch passieren, bis unsere Demokratie zeigt, dass sie wirklich „wehrhaft“ ist? Schon seit langem kann jeder wissen, dass sich auf dem Internetdienst „Telegram“ (funktioniert ähnlich wie Whatsapp) besonders viele Rechtsradikale oder Menschen mit sehr extremen Ansichten tummeln.
Diese Leute tauschen sich dort so gern aus, weil sie auf Telegram nichts zu befürchten haben. Selbst der Mordaufruf gegen den sächsischen Ministerpräsidenten Kretschmer ging problemlos durch. Warum lässt sich unser Staat das bieten?
Hohn gegenüber unserer Demokratie
Bislang verhalten sich die bundesdeutschen Behörden mehr als lasch und naiv. Das Justizministerium hat doch tatsächlich einen Brief nach Dubai geschickt, wo man den Stammsitz von Telegram vermutet. Natürlich kam der Brief postwendend zurück. Und man kann sich gut vorstellen, wie die Telegram-Betreiber im Hintergrund grinsen.
Genau diesen Hohn darf sich unsere Demokratie auf keinen Fall bieten lassen. Meinungsfreiheit ist natürlich ein hohes Gut, aber wenn sie für Hetze oder gar Mordaufrufe missbraucht wird, dann muss die Staatsgewalt eingreifen, und zwar konsequent und schnell. Natürlich ist das alles juristisch kompliziert, aber dennoch möglich.
Die Medienaufsichten müssen mehr Befugnisse erhalten, das Telekommunikationsgesetz muss die Haftung von Netz-Plattformen klären, und letztlich muss die Abschaltung eines Anbieters möglich sein. Zumal wenn der Bußgeldbescheid des Justizministeriums eh nicht zugestellt werden kann.
Rasches Handeln erforderlich
Es ist schon schwer genug zu ertragen, wie massiv sich gerade Impfgegner oder Corona-Leugner auf den Straßen und im Netz äußern. Manches davon muss man (leider) unter Meinungsfreiheit einordnen, die auch die Dummheit nicht verbieten kann. Aber sobald es Straftatbestände gibt, müssen Staatsanwälte und Ordnungsbehörden aktiv werden.
Unsere Demokratie erwuchs aus der menschenverachtenden Erfahrung der NS-Gewaltherrschaft. Genau deswegen muss unser Gemeinwesen nicht erdulden, wenn Personen oder Vereine die Demokratie beschädigen, abschaffen oder Vertreter demokratischer Institutionen ermorden wollen. Genau das ist mit „wehrhafter Demokratie“ gemeint. Die Politik hat dies in den letzten Tagen oft betont, nun müssen rasch Taten folgen. Schlimm genug, dass die Radikalen da schon längst wieder neue Internetplattformen erobern.