Berlin. Die Koalitionäre der Ampel-Regierung erwartet viel Arbeit. Der tiefe Riss, der durch die Gesellschaft geht, muss gekittet werden.
Es ist vollbracht. Nur 29 Tage hat die Ampel gebraucht, um auf „grün“ zu springen. Es war den Koalitionären anzusehen, dass sie den historischen Moment verspürten als sie erleichtert ihren Koalitionsvertrag vorstellten.
Auch wenn Scholz, Lindner, Baerbock und Co. noch nicht offiziell im Amt sind, müssen sie sofort in einen operativen Arbeitsmodus kommen und das wichtigste Thema anpacken, um keine Zeit zu verlieren: Die Corona-Krise wird für die neue Regierung die mit Abstand größte Herausforderung. Wenn sie hier versagt, wird diese Hypothek bleiern auf der gesamten Amtszeit liegen.
Ampel-Koalition: Statement beginnt mit Corona-Lage
Dass der künftige Kanzler bei der Vorstellung zuerst an diese große Aufgabe erinnerte, ist ein gutes Zeichen. Denn bei allem Respekt vor den mühsam ausgehandelten Inhalten: Es ist völlig irrelevant, wann Cannabis in die Läden kommt. Jetzt müssen Menschenleben gerettet und die katastrophalen Pannen in der Pandemiebekämpfung abgestellt werden.
Und der tiefe Riss, der durch die Gesellschaft geht, muss gekittet werden. Mit Beschimpfungen von Bürgerinnen und Bürgern – wie wir sie zum Beispiel vom scheidenden Bundesgesundheitsminister gehört haben – wird das nicht funktionieren.
Der Koalitionsvertrag steht unter der Überschritt „mehr Fortschritt wagen“. Diesen Anspruch muss die Ampel erfüllen, um zu leuchten und nicht nur zu funzeln. Dabei kommt es nicht darauf an, dass jeder Buchstabe auf diesen 177 Seiten Koalitionsvertrag umgesetzt wird. Die neue Regierung muss vor allem den Mehltau wegblasen, der sich zum Ende einer langen, durchaus erfolgreichen Amtszeit von Angela Merkel, am Ende auf zu vielen Feldern niedergeschlagen hat. Das Land muss sich mehr zutrauen und diese Haltung sollte die neue Regierung im Land – aber auch international - ausstrahlen.
Digitalisierung, Modernisierung im Bildungssektor, der Umbau der Wirtschaft mit Sicherung von Arbeitsplätzen, der Aufbau von E-Ladestrukturen – das muss alles schnell angepackt werden. Was im Koalitionsvertrag akribisch austariert formuliert steht, ist noch lange nicht umgesetzt. Bei fast allen Themen steht die Ampel unter einen gewaltigen Zeitdruck.
Dabei ist gut zu wissen, dass an der Spitze der neuen Regierung mit Olaf Scholz ein Kanzler steht, der maximal erfahren ist. Dem die ideologische Debatte fremd und harte Arbeit dagegen sehr vertraut ist. Er hat das Zeug dazu, die bunte Truppe mit all ihren natürlichen Abstoßungskräften beisammenzuhalten und wird aufpassen, dass in der Nervosität des Neuanfangs nichts verstolpert wird.
Man muss kein Anhänger von SPD, Grünen oder FDP sein, um dieser Ampel aufrichtig Glück zu wünschen. Es liegt im Interesse von allen Bürgerinnen und Bürgern, dass sie Erfolg hat und das Land sich in den kommenden Jahren gut entwickelt und sicher durch alle Krisen kommt.
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