Berlin. Das deutsche Rentensystem droht angesichts des demografischen Wandels zu kollabieren. Ein Blick nach Schweden könnte sich lohnen.
Eine stabile Rente – diese drei Worte verfangen bei der Wählerschaft. Weil sie eine sichere Finanzierung nach dem Berufsleben suggerieren. Wahlsieger Olaf Scholz hat sie vor der Bundestagswahl ausdauernd gebraucht. Doch wie man die Rente auf Dauer „stabil“ hält, noch dazu bei einer Gesellschaft, die angesichts des demografischen Wandels immer älter wird, darüber lässt sich trefflich streiten.
Scholz’ SPD verspricht, das Rentenniveau von mindestens 48 Prozent zu halten. Die Grünen wollen ein flexibles Eintrittsalter. Die FDP verweist auf Schweden, das seine Bürgerinnen und Bürger seit 2007 dazu verpflichtet in Fonds zu investieren. Zumindest von freiwilligen Staatsfonds als Ersatz oder Ergänzung für die Riester-Rente sind die beiden Sondierungspartner der FDP nicht abgeneigt. Ist das Modell aus Schweden auch eines für Deutschland unter einer Ampel-Koalition?
Wie funktioniert das schwedische Rentensystem?
Grundsätzlich ist das Rentensystem in Schweden ähnlich aufgebaut wie in Deutschland. Es basiert auf drei Säulen: der betrieblichen Altersvorsorge, der privaten Rentenversicherung und der gesetzlichen Rente. In der letztgenannten Säule liegt der entscheidende Unterschied. Von den 18,5 Prozent (in Deutschland sind es 18,6), die die Menschen jährlich von ihrem Einkommen in die Altersrente einzahlen, gehen nur 16 Prozent tatsächlich in die Einkommensrente. Der Rest wird in Fonds angelegt.
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Die sogenannte Prämienrente existiert seit 1995. Schon in den 1980er-Jahren erkannte die Regierung in dem skandinavischen Land, dass die Überalterung der Bevölkerung zu einem finanziellen Problem werden könnte – und reformierte radikal das Rentensystem. Seither müssen die Schweden 2,5 Prozent ihrer Einkünfte per Gesetz anlegen. Wer sich nicht aktiv für einen anderen Fonds entscheidet, dem wird automatisch der Staatsfonds „AP7 Såfa“ zugewiesen.
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Was nach Zwang klingt, ist in Wahrheit sehr beliebt. Denn der „AP7“ ist erfolgreich. In den vergangenen zehn Jahren erzielte der Staatsfonds durchschnittlich eine zweistellige Prozentzahl an Renditen. Die Bilanzsumme des Fonds ist stetig gewachsen, beläuft sich inzwischen auf rund 65 Milliarden Euro. Der „AP7“ ist damit einer der größten Pensionsfonds Europas. Das kommt den Menschen im Land zugute.
Rente in Schweden: Wer will, kann länger arbeiten
Doch es blieb nicht nur bei der Einführung einer Prämienrente. So wurde auch das feste Renteneintrittsalter abgeschafft. Berufstätige können heute ab 62 Jahren ihre Altersrente beantragen. Zwar gibt es eine Altersobergrenze von 68 Jahren, wer eine entsprechende Vereinbarung mit seinem Arbeitgeber trifft, kann aber auch länger arbeiten.
Für Menschen, die in ihrem Leben wenig verdient oder im Ausland gelebt haben, gibt es die Möglichkeit, eine Garantierente zu erhalten. Diese wird ab einem Alter von 65 Jahren gezahlt. Voraussetzung ist, dass man mindestens drei Jahre in Schweden wohnhaft war. Hintergrund: Rente: Grundrente beginnt - wer hunderte Euro mehr bekommt
Auch die betriebliche Altersvorsorge wird in der Regel ab 65 Jahren ausgezahlt. Wer sie eher bezieht, muss mit deutlich niedrigeren Beträgen rechnen. Als Faustregel gilt: Je länger man arbeitet und je mehr Gehalt man in seinem Berufsleben verdient hat, desto höher fällt die Rente aus. Die private Rentenversicherung ist, wie üblich, freiwillig.
Altersarmut und Finanzierungsprobleme bei der Rente abgewendet
Das inzwischen 36 Jahre alte System funktioniert. Zwar gibt es Kritik daran, dass die Versicherten das Anlagerisiko zu tragen haben und durch schwankende Kurse die Höhe ihrer Renten nicht genau errechnen können. Auf den demografischen Wandel aber hat das Land erfolgreich reagiert. Altersarmut ist so gut wie nicht vorhanden, jüngere Generationen müssen nicht mit erheblichen finanziellen Belastungen rechnen. Lesen Sie auch: Statt Rente mit 70: Diese Alternative könnte Problem lösen
Was Schweden also bereits im vergangenen Jahrtausend erfolgreich angegangen ist, steht Deutschland erst noch bevor. Bis zum Jahr 2025 ist das Rentenniveau hierzulande gesetzlich auf mindestens 48 Prozent festgeschrieben. Allerdings: Bleiben das Rentenniveau, das Eintrittsalter und die Beitragssätze auch darüber hinaus auf dem Stand wie bisher, könnte die Rente zu einem finanziellen Monstrum werden. Schon in diesem Jahr musste sie mit 106 Milliarden Euro an Steuergeldern querfinanziert werden.
Eine Reform ist vor diesem Hintergrund längst überfällig. Ein Blick nach Schweden könnte sich für die neue Regierung im wahrsten Sinne des Wortes bezahlt machen. Selbst wenn das System nicht eins zu eins übertragbar sein sollte, finden sich darin womöglich Ansätze für die Verwirklichung dessen, was bisher nur ein Wahlversprechen ist: eine stabile Rente.
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