Berlin. Eine Woche vor der Wahl wissen viele Menschen noch nicht, für welche Partei sie stimmen werden. Woran das liegt und wer davon profitieren könnte.
Welcher Partei gebe ich am 26. September meine Stimme? Viele der wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger in Deutschen haben sich offenbar noch nicht festgelegt. Die Zahl der unentschlossenen Wähler liegt aktuell bei 40 Prozent. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Instituts Allensbach im Auftrag der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ hervor, die diese Woche veröffentlicht wurde. Wie die „FAZ“ berichtete, habe es so kurz vor der Wahl nie einen hören Wert gegeben.
Unentschlossene Wähler bei Bundestagswahl: Was sind die Ursachen dafür?
„Die Situation ist dieses Jahr weitaus offener als bei allen Wahlen vorher“, sagt Rüdiger Schmitt-Beck dieser Redaktion. Der Politikwissenschaftler der Universität Mannheim begründet die ungewöhnlich hohe Zahl der Unentschlossenen unter anderem damit, dass es immer weniger parteipolitisch gebundene Wähler gebe. Zudem könnte erstmals nach der Bundestagswahl ein Dreierbündnis regieren. „Das macht es besonders schwer, strategisch zu wählen.“
Eine weitere Erklärung des Experten: Für die Wähler seien die Kanzlerkandidaten „mehr oder weniger“ unbekannt gewesen. Zwar trete mit Finanzminister Olaf Scholz ein Politiker an, der auf Bundesebene ein Amt bekleidet. Aber viele Menschen hätten zu den einzelnen Regierungsmitgliedern keine „feste Meinung“. Das liege auch daran, dass sie hinter den amtierenden Regierungschefs „immer weniger sichtbar“ würden.
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Offener Wahlausgang: Mehrere Koalitionen laut Umfragen möglich
Gäbe es in Deutschland eine Direktwahl, wüssten tatsächlich viele Wählerinnen und Wähler nicht, für welchen Kanzlerkandidaten sie stimmen würden. In der jüngsten Erhebung von Infratest Dimap für den ARD-Deutschlandtrend am Donnerstag lag Scholz mit 40 Prozent vorn, dahinter folgten aber weder Armin Laschet noch Annalena Baerbock, sondern die Angabe „weiß nicht“ mit 28 Prozent.
Hinzu kommt, dass noch völlig offen sei, „welche Partei die nächste Regierung führen wird und dementsprechend auch, ob die nächste Regierung eher links oder eher rechts der Mitte ihren Schwerpunkt haben wird“, so Schmitt-Beck.
Stand jetzt ist der Wahlausgang unvorhersehbar. Die SPD führt weiter in den aktuellen Umfragen, doch die CDU konnte zuletzt den Abstand zu den Sozialdemokraten etwas verringern. Es gibt mehrere Szenarien, wie eine Regierung aussehen könnte. Die SPD könnte mit den Grünen und der FDP ein Bündnis schmieden. Oder aber es kommt zur Jamaika-Koalition mit CDU, Liberalen und Grünen. Auch Rot-Rot-Grün könnte sich rechnerisch ebenfalls Chancen ausmalen. Und ebenso wäre eine Fortführung der Großen Koalition aus Union und SPD zumindest rein rechnerisch möglich.
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Für eine Partei könnten die unentschiedenen Wähler zur Chance werden
Schmitt-Beck vermutet, dass insbesondere eine Partei von den Unentschlossenen am Wahltag profitieren könnte: die Union. Der Politikwissenschaftler hält ein „unausgeschöpftes Potenzial unzufriedener Parteianhänger“ für möglich, „die sich am Ende doch noch dazu durchringen werden“, die CDU zu wählen. Diese Gruppe würde in den Stimmungsbildern der Demoskopen aber noch ihre Unentschlossenheit signalisieren.
Was können die Parteien also tun, um unsichere Wähler künftig für sich zu gewinnen? Für Schmitt-Beck müssen sie vor allem einen überzeugenden Wahlkampf abliefern. Aber ein „Patentrezept“, das gebe es nicht. Erst recht nicht in einer Situation, „wo so vieles einfach noch offen ist.“
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