Berlin. Die Umfragewerte des CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet sind aktuell nicht gut. Könnte die Angst vor einem Linksbündnis das ändern?
Noch zwölf Tage und es entwickelt sich doch noch so etwas wie ein heißer Bundestagswahlkampf. Das Triell in ARD und ZDF, das eigentlich ein Duell war, weil Annalena Baerbock in Wahrheit den Führungsanspruch aufgegeben und man den FDP-Chef einfach ignoriert hat, gab einen Vorgeschmack darauf, was das Wahlvolk bis zum 26. September geboten bekommt. Es wird ein beinharter Lagerwahlkampf von SPD und Union, in dem Armin Laschet versuchen wird, die Stammwähler von CDU und CSU doch noch zu mobilisieren.
Schaut man auf die Umfragen zu den Sympathiewerten, hat Laschet mit seinen Angriffen auf Olaf Scholz am Sonntagabend beim TV-Publikum wenig gepunktet. Aber bemerkenswerte Verschiebungen zeigen sich bei der Frage, wen sich die Deutschen als Kanzler vorstellen können.
Da holt Laschet nach dem jüngsten Triell – laut Forschungsinstitut Infratest dimap – bis zu neun Prozentpunkte auf, Olaf Scholz verliert in der gleichen Größenordnung. Das heißt: Den Deutschen ist offenbar nicht egal, ob die Linkspartei in einem künftigen Regierungsbündnis dabei sein wird – oder nicht.
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Scholz kann und darf Linksbündnis nicht ausschließen
Man darf Olaf Scholz abnehmen, dass er dieses Bündnis nicht wirklich favorisiert. Entscheidend aber ist: Er kann und darf es nicht ausschließen. Sonst gäbe er eine Machtoption aus der Hand, die bei vielen in der Partei nicht nur akzeptiert, sondern sogar ausdrücklich gewünscht ist.
Der solide Vizekanzler und strenge Hüter der Finanzen war für eine Mehrheit der sozialdemokratischen Delegierten noch vor Kurzem zu regierungsnah und nicht links genug. Und genau diese Partei hält jetzt aus strategischen Erwägungen die eigene Vorsitzende von den großen TV-Runden fern, um das bürgerliche Lager nicht mit linken Positionen zu verunsichern. Denn in der SPD hat man erkannt: Nur die Angst vor einem Linksbündnis kann Olaf Scholz noch von einem historischen Sieg über die Union abhalten.
Kommt jetzt doch noch die Chance für Laschet?
Das ist die Chance für Armin Laschet. Nicht mit seiner Persönlichkeit, sondern nur mit seiner klaren Haltung in dieser Frage und der DNA von CDU und CSU kann er es noch reißen. Daher wird die Rote-Socken-Kampagne von 1994 neu erzählt. Mit ihr wurde die Union damals stärkste Kraft und Bundeskanzler Helmut Kohl mit nur einer Stimme Mehrheit zum Kanzler gewählt.
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Die Union hat diesen Wahlkampf 27 Jahre später versemmelt. Es begann mit einem verheerenden Duell der Kandidaten, wurde durch schlimmste handwerkliche Fehler nicht besser (wer erinnert sich noch an die Plakate mit den als Polizisten verkleideten CDU-Mitarbeitern?) und endet – vorläufiger Stand heute – mit peinlichen Motivationsvideos, die in noch peinlicheren Kurznachrichten bei Twitter von den eigenen Leuten verbreitet werden. Lesen Sie auch: Armin Laschet tanzt zu Party-Hit und amüsiert das Netz
Die Frage der politischen Richtung kann noch wahlentscheidend sein
Bei allem Respekt vor einem Kompetenzteam der glorreichen Acht oder dem am Montag vorgestellten 100-Tage-Programm zwölf Tage vor der entscheidenden Wahl – keine dieser verspäteten Wahlkampfaktionen hat noch das Potenzial, die Stimmung zu drehen. Nur die Frage, welche politische Richtung Europas größte Industrienation einschlägt – links oder rechts –, kann noch wahlentscheidend sein.
Das weiß natürlich auch Olaf Scholz, und der SPD-Spitzenkandidat mit dem langen Atem wird sich gut überlegen, wie viele kunstvoll gedrechselte Ausschlusskriterien er noch formulieren muss, um ein Linksbündnis zumindest so unwahrscheinlich wie möglich zu machen.
Den Satz „Auf keinen Fall gibt es ein Linksbündnis “ werden wir bis zum 26. September jedenfalls nicht zu hören bekommen.
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