Berlin. Armin Laschet stellt in Berlin eine neue Merkel-Biografie vor. Dabei gibt der Unions-Kanzlerkandidat ein paar überraschende Einblicke.
Das Verhältnis zwischen Angela Merkel (CDU) und dem Mann, der ihr im Kanzleramt nachfolgen möchte, ist ein durchwachsenes. In der Flüchtlingskrise war Armin Laschet (CDU) einer ihrer größten Unterstützer. Die Pandemie hat beide hingegen entfremdet. Angela Merkel kritisierte sogar öffentlich Laschets Lockerungskurs bei den Corona-Maßnahmen. Beim Kampf um den CDU-Vorsitz bezog sie keine Position. Und auch jetzt im Wahlkampf hält sie sich eher zurück.
Umso interessanter ist, was Laschet über Merkel, ihre Kanzlerschaft und ihr Erbe denkt. Ein paar Einblicke gewährte er am Mittwochabend, als er im „Auditorium Friedrichstraße“ in Berlin eine neue Merkel-Biografie vorstellte – und einen überraschenden in sein eigenes Seelenleben.
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In „Angela Merkel – Die Kanzlerin und ihre Zeit“ erzählt der Historiker und Journalist Ralph Bollmann (im bürgerlichen Leben wirtschaftspolitischer Korrespondent der „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“) auf rund 800 Seiten in sehr sorgfältiger Recherche den Werdegang der Kanzlerin in den verschiedenen historischen Kontexten – von der Wissenschaftslaufbahn in der DDR, über ihre ersten westdeutschen Erfahrungen in Bonn bis hin zur Berliner Republik in der wiedervereinigten Hauptstadt. Er schildert auch, was ihre politische Persönlichkeit ausmacht, ein gewisses Außenseitertum, ihr Pragmatismus.
Armin Laschet: So hinterließ Merkel beim Unions-Kanzlerkandidaten Eindruck
Welcher Merkel-Moment ihn beim Lesen des Buches am meisten überrascht hätte, will Moderatorin Bascha Mika von Laschet auf dem Podium wissen. Für den hätte weniger Merkel selbst gesorgt, sagte Laschet: „Eher die Reaktion anderer auf Merkel.“
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Speziell erwähnt er eine im Buch geschilderte Szene mit Norbert Blüm: Der lehnte 1991 als Arbeitsminister im Kabinett Kohl die Bitte der jungen Kabinettskollegin aus dem Osten, ob man sich einmal auf einen Kennenlern-Termin treffen könnte, einfach ab. „Ausgerechnet Norbert Blüm hat sie unterschätzt“, sagt Laschet und es klingt leicht fassungslos.
Laschet war 28 Jahre, als die Mauer fiel. Merkel fiel ihm 1994 auf, als sie Umweltministerin wurde. In einem „brachialen Akt“ habe sie den damaligen Staatssekretär nicht weiterbeschäftigt. „Möglicherweise hat er sie spüren lassen: Ich bin hier der Herr im Haus“, spekuliert Laschet. Ihre Konsequenz nennt er „eine mutige Angela-Merkel-Entscheidung mit Wucht“. Er selbst kam 1994 in den Bundestag.
Armin Laschet sieht große Unterschiede zwischen sich und Merkel
Die Physikerin aus dem Osten sei „in allem anders gewesen als die Geschichte der CDU war“, sagt Laschet, der die Bonner Republik als Mitarbeiter der späteren Präsidentin des Bundestags, Rita Süßmuth, erlebte: Denn die war bis zu Merkels Aufstieg männlich, katholisch, westdeutsch.
Aber auch im persönlichen Vergleich sieht er große Unterschiede – Merkel komme aus dem östlichsten Teil Deutschlands, er aus dem westlichsten. Und anders als 2005, als Merkel Kanzlerin wurde, würden heute die politischen Gegensätze viel lauter und aggressiver ausgetragen.
Er spricht von der Spaltung der Gesellschaft in der Pandemie, aber auch bei der Klimapolitik. „Dieses auszugleichen, wird Aufgabe einer künftigen Bundesregierung sein“, sagt Laschet. Damit beschreibt er sein Selbstverständnis. Die Haltung des Erneuerers oder Visionärs liegt Laschet nicht. Er will einer sein, der Menschen und Interessen zusammenbringt, moderiert, ausgleicht.
Laschet fühlt sich genug von Merkel unterstützt
Unwirsch wischt Laschet die Frage weg, warum ihn Merkel im Wahlkampf so wenig unterstütze. Man erbe das Kanzleramt nicht, sondern müsse es sich erobern, sagt er. Und dass er sich genug unterstützt fühle.
Eine Gemeinsamkeit mit Merkel sieht er an anderer Stelle. Es ist eine Bemerkung, die ihm herausrutscht und die etwas über seinen Gemütszustand verrät. Autor Bollmann hat gerade von einer Begegnung mit der Mutter der Kanzlerin erzählt. Es sei so viel Falsches über ihre Tochter geschrieben worden, das solle ihm doch nicht passieren, hat die Mutter zu ihm zum Abschied gesagt.
Das hätte seine (verstorbene) Mutter vermutlich auch gesagt, bei allem, was jetzt über ihn geschrieben werde, kommentiert Laschet ungefragt. Es zeigt, als wie ungerecht Laschet die negative Berichterstattung über sich empfindet. Der frühere Kanzlerkandidat Peer Steinbrück ist in einem ähnlichen Moment einmal in Tränen ausgebrochen.
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