Berlin. In der TV-Debatte gab sich der Unionskanzlerkandidat angriffslustig, doch das nützte ihm nicht viel. Was plant Armin Laschet jetzt?

Der Nackenschlag kam am späten Sonntagabend. Eben hatte sich Unionskanzlerkandidat Armin Laschet noch von Parteifreunden zu seinem angriffslustigen Auftritt beim TV-Triell beglückwünschen lassen, da verkündete RTL das Ergebnis einer Blitzumfrage. Ihr zufolge hieß der klare Gewinner des Dreikampfes Olaf Scholz.

36 Prozent der Befragten sahen den SPD-Kandidaten als den Sieger, für 30 Prozent war es die Grünen-Kandidatin Annalena Baerbock und nur für 25 Prozent Armin Laschet. Noch klarer hängte Scholz den CDU-Rivalen bei der Frage der Kompetenz ab. Während 47 Prozent den Vizekanzler für am besten geeignet hielten, das Land zu führen, glaubten dies nur 24 Prozent von Laschet. Da dürfte es kaum ein Trost für ihn sein, dass Baerbock in diesem Punkt mit 20 Prozent noch hinter ihm lag.

Für die Blitzumfrage hatte das Forschungsinstitut Forsa vor der TV-Debatte eine repräsentative Stichprobe unter Wahlberechtigten gezogen, dann in dieser Gruppe Triell-Zuschauer und -Zuschauerinnen ermittelt und sie im Anschluss an die Sendung befragt. Am Montag wurde zudem eine neue Insa-Umfrage für die „Bild“ bekannt, die den Abwärtstrend der Union bestätigt: Ihr zufolge kommt die SPD aktuell auf 25 Prozent, CDU/CSU nur noch auf 20 (Grüne: 16,5 Prozent).

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Anhaltender Trend nach unten ist ein Warnsignal

Eigentlich macht sich Laschet aus Umfragen nichts, seit er 2017 in einer beispiellosen Aufholjagd SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft in Nordrhein-Westfalen das Amt abjagte. Aber Laschet ist Polit-Profi genug, um zu wissen: Eine Umfrage allein sagt noch nichts aus, ein anhaltender Trend nach unten aber ist ein Warnsignal.

Am Montag versuchte Laschet deshalb mit einer Kombination aus inhaltlichem und personellem Vorstoß zu punkten. Nach den regulären Sitzungen der CDU-Gremien ließ er drei Parteifreunde einen 15-Punkte-Plan zur Energiewende vorstellen, welcher zuvor in den Gremien abgenickt worden war. Kernpunkt ist der Abbau bürokratischer Hürden beim Ausbau der erneuerbaren Energien. „Wenn wir weiter so planen wie bisher und so genehmigen wie bisher, wird das nicht funktionieren“, sagte Laschet bei der anschließenden Pressekonferenz in der Berliner Parteizentrale.

Von der Planung bis zur Inbetriebnahme eines Windrads etwa vergingen derzeit sechs Jahre, kritisierte er. Diese Zeitspanne solle auf maximal sechs Monate verkürzt werden. Die EEG-Umlage soll abgeschafft werden. Hauseigentümer, die eine Solaranlage auf dem Dach installieren wollen, sollen dafür ein zinsloses Darlehen der KfW-Bank bekommen. Eine Solardach-Pflicht für Neubauten, wie sie die Grünen anpeilen, lehnt die CDU ab. Ein weiterer Punkt ist, zwei Prozent der Landesfläche für den Bau von Windkraftanlagen auszuweisen – was die Grünen schon länger fordern.

Vorgestellt wurde das Papier vom Konstanzer Bundestagsabgeordneten Andreas Jung, den Laschets Vorgängerin an der Parteispitze, Annegret Kramp-Karrenbauer, als Umweltexperten der Union aufgebaut hatte, sowie dem ehemaligen Berliner Justiz-Senator und heutigen Bundestagsabgeordneten Thomas Heilmann und der jüngsten CDU-Direktkandidatin für den Bundestag, Wiebke Winter.

Scharfe Kritik am Konzept kam von den Grünen. Fraktionschef Anton Hofreiter kritisierte, im Konzept würden wichtige Elemente für den Ausbau der erneuerbaren Energien wie eine Solarpflicht fehlen. „Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist Grundbedingung für Klimaschutz und die klimaneutrale Industrie von morgen“, sagte Hofreiter unserer Redaktion. „Mit ihrer Energiepolitik ist die Union eine Gefahr für den Wirtschaftsstandort und unsere Zukunft.“

Auf ein „Schattenkabinett“verzichtet Laschet

Unbeirrt von solchen Einwänden will Laschet in den nächsten zwei Wochen insgesamt fünf Kernthemen mit weiteren Köpfen präsentieren, neben Vorschlägen zum klimaneutralen Industrieland noch zur digitalen Modernisierung von Staat und Wirtschaft, der Entlastung der gesellschaftlichen Mitte, der Stärkung des Mittelstands und zu Fragen der Sicherheit. Zwei Tage vor der Bundestagswahl will er zudem ein 100-Tage-Programm für die Zeit nach der Wahl vorlegen.

In der Union gibt es die Forderung, dass Laschet angesichts seiner schlechten Popularitätswerte ein „Schattenkabinett“ vorstellen solle. Ursprünglich war ein solcher Schritt auch erwogen worden. Doch Laschet hatte sich dagegen entschieden. Seine jetzige Strategie ist ein Kompromiss. Laschet versuchte am Montag dem Eindruck entgegenzuwirken, dass der Schritt einer gewissen Panik geschuldet ist. „Ich bin, seitdem ich Politik mache, ein Teamplayer“, beteuerte er bei der Pressekonferenz. Es sei immer geplant gewesen, Kernthemen der Kampagne mit Persönlichkeiten aus der Partei zu verbinden.

Der CDU-Vorsitzende gab sich trotz der schlechten Umfragewerte nach der TV-Debatte zuversichtlich. Er sei „ganz guter Dinge“ und freue sich auf das nächste Triell, sagte er in Berlin. Immerhin: Die Angst vor dem eigenen Untergang führt in der Union dazu, dass sich die Reihen derzeit hinter Laschet schließen. „Starker Auftritt und klarer Sieg von Armin Laschet“, twitterte Markus Söder, CSU-Chef und Ex-Konkurrent um die Kanzlerkandidatur der Union, direkt nach dem Triell.