Berlin. Die Lokführer wollen streiken, das ist legitim. Doch der GDL geht es nicht nur um Geld – sie macht Reisende zu Geiseln eines Spiels.
Die Bahnkunden müssen sich schlimmstenfalls auf einen langen Arbeitskampf der Lokführer einstellen. Arbeitgeber und Gewerkschaft finden in dieser Tarifrunde keinen Draht zueinander. Für die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) geht es um mehr als nur einen Lohnzuschlag oder einen Corona-Bonus.
Sie will der größeren Konkurrenzorganisation EVG Mitglieder abjagen und nicht mehr nur das Zugpersonal vertreten. Dafür braucht GDL-Chef Claus Weselsky einen Erfolg bei den Tarifverhandlungen. Er muss für seine Leute mehr herausholen, als es die EVG vermochte.
Das werden die Arbeitgeber nicht zulassen. Für die Deutsche Bahn gilt die Devise, dass die Tarifabschlüsse beider Gewerkschaften unter dem Strich dasselbe Volumen haben. Dazu kommt die durch die Pandemieverluste verschärfte finanzielle Krise des Konzerns.
Zwei Jahre mit Milliardenverlusten lassen große Lohnsprünge nicht zu. Das müsste auch die GDL einsehen. Ein teurer Streik, der sich über Wochen hinzieht, vergrößert den Schaden nur. Lesen Sie auch: Wann es bei der Bahn zu Streiks kommen könnte
Im Zweifel werden die Arbeitgeber hart bleiben. Die politische Rückendeckung dafür haben sie momentan. Ob das angesichts des näher rückenden Wahltermins so bleibt, muss sich erst noch zeigen.
Von Anfang auf einen Streik hingearbeitet
Ohne Frage ist ein Arbeitskampf für bessere Bedingungen legitim, wenn alle Einigungsversuche erfolglos bleiben. Ein anderes Mittel haben die Beschäftigten nicht.
In diesem Fall drängt sich der Eindruck auf, dass es bisher gar nicht zu ernsthaften Gesprächen über materielle Verbesserungen gekommen ist, sondern seitens der GDL von Anfang an auf einen Streik hingearbeitet wurde, weil es im Hintergrund um gewerkschaftliche Machtfragen geht. Das wäre nicht mehr legitim. Bevor die Züge stehen bleiben, sollte daher noch einmal ein neuer Anlauf für eine Einigung unternommen werden.