Berlin. Waldbrände, Dürre, Überschwemmung und Waldsterben. Am Montag stellt der Weltklimarat seinen neuen IPCC-Bericht vor. Ein Gradmesser.
- Der Weltklimarat (IPCC) legt nach rund sieben Jahren wieder einen Sachstandsbericht vor
- An diesem Montag erscheint der erste Teil über den neuesten Stand der Wissenschaft zum Klimawandel
- Grüne fordern neuen Umgang bei der Bewirtschaftung von Wäldern
Südeuropa brennt, in Deutschland kämpfen noch immer Tausende Menschen mit den Folgen der verheerenden Flut, und am Donnerstag wurde bekannt, dass die Atlantische Umwälzströmung, die unter anderem großen Einfluss auf das Klima in Westeuropa hat, so schwach ist wie nie in den vergangenen 1000 Jahren. Spätestens in diesem Sommer ist unübersehbar, was Forscherinnen und Forscher seit Jahrzehnten vorhersagen: Die menschengemachte Klimakrise ist da, und sie hat Auswirkungen in jedem Teil der Welt. Mehr zum Thema: Griechenland: Zahlreiche Explosionen bei Athen
Jetzt soll es eine neue Zusammenfassung des Wissens über diese Krise geben: An diesem Montag veröffentlicht der Weltklimarat (das sogenannte Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) das erste Kapitel seines sechsten Sachstandsberichts über die Klimakrise. Hunderte Forscherinnen und Forscher haben jahrelang an dem Bericht gearbeitet, zuletzt hatte es eine zwei Wochen andauernde Abschlusssitzung bis zum finalen Beschluss des Berichts gegeben.
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Bericht: Dass sich die Klima-Situation verbessert hat, ist ausgeschlossen
Der Bericht, der in Genf vorgestellt wird, liefert eine aktualisierte Datenbasis für den Kampf gegen die Klimakrise. Die genauen Ergebnisse des Berichts sind noch nicht bekannt – doch dass sich die Lage seit der Veröffentlichung des letzten Sachstandsberichts 2013/2014 wesentlich gebessert hat, gilt als extrem unwahrscheinlich. Die sechs wärmsten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen verzeichneten die Wissenschaftler seit dem fünften Sachstandsbericht.
"Spoiler: leider kein Grund zum aufatmen...", schrieb Niklas Höhne, Experte für Klimapolitik beim New Climate Institute, am Freitag auf Twitter über "AR6", wie der neue Bericht genannt wird.
Klimawandel - wie können wir den Schaden begrenzen?
Weitere Kapitel des sechsten Sachstandsbericht sollen im kommenden Jahr erscheinen. Dann soll es unter anderem um Anpassung an den Klimawandel und Schadensbegrenzung gehen.
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) fordert vor diesem Hintergrund mehr Unterstützung der EU für Staaten im globalen Süden. "Wir brauchen einen weltweiten Green Deal", sagte Müller unserer Redaktion, "mit gewaltigen privaten Investitionen zum Ausbau erneuerbarer Energien sowie Technologietransfers und einer Investitionsoffensive der Industrieländer in Schwellen- und Entwicklungsländern." Nur so sei es möglich, Wachstum ohne dramatische Steigerung der CO2-Emissionen zu erzielen.
Green Deal: Entwicklungsminister Müller fordert Ausweitung auf Entwicklungs- und Schwellenländer
Unter "Green Deal" versteht man die Pläne der EU, die Staatengemeinschaft nicht nur CO2-neutral zu machen, sondern diesen Wandel auch als wirtschaftliche Chance zu nutzen. Müller erklärte, Brüssel müsse durch eine Ausweitung des Green Deals auf Entwicklungs- und Schwellenländer "seinen Beitrag leisten", und so eine globale Energiewende fördern.
Weltweit seien derzeit hunderte neue Kohlekraftwerke in Bau oder Planung. "Gehen diese ‚Klimakiller‘ alle ans Netz, erreichen wir die Pariser Ziele nie", sagte Müller. Die Weltbank, der Internationale Währungsfonds, Entwicklungsbanken und die EU müssten die Investitionsförderung und Risikoabsicherung für nachhaltige Infrastruktur- und Energieprojekte deutlich ausbauen, fordert der CSU-Politiker. Das 1,5-Grad-Ziel sei immer noch zu erreichen. "Aber uns läuft die Zeit davon!", erklärte der Minister.
Deutschland: 12 Milliarden Euro Klima-Investitionen seit 2015
Die Folgen des Klimawandels seien längst da und würden weiter zunehmen, sagte Müller weiter, in Form von Dürren, Hitzewellen, Wirbelstürme und Starkregen, dem Anstieg des Meeresspiegels und dem Abschmelzen der Gletscher. Vor allem Entwicklungsländer, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben, würden darunter leiden.
Deutschland sei mit Klima-Investitionen von über 12 Milliarden Euro seit 2015 einer der größten Geber für die Förderung der Energiewende in Entwicklungs- und Schwellenländern. Über drei Millionen Menschen habe man so allein im letzten Jahr Zugang zu nachhaltiger Energie verschaffen können.
Auch die Grünen, die in der vergangenen Woche ihr Klimaschutzsofortprogramm für eine mögliche Regierungsbeteiligung vorgestellt hatten, machen angesichts der Krise neue Vorschläge, wie die deutschen Wälder, die sehr unter der Erderwärmung leiden, besser darauf vorbereitet werden können. Mehr zum Thema: Extremsommer: Grüne fordern Sofortprogramm zum Klimaschutz
Die Grünen wollen neue Regeln für die Waldbewirtschaftung
Die Partei will eine Neuausrichtung der gesetzlichen Grundlagen und Förderpolitik, um "die Wälder so zu bewirtschaften, dass sie ihre biologische Vielfalt, Produktivität, Verjüngungsfähigkeit und Vitalität erhalten". Das schreiben Robert Habeck, Harald Ebner, Bettina Hoffmann, Oliver Krischer, Steffi Lemke und Lisa Badum in einem Papier, das dieser Redaktion vorliegt. Lesen Sie dazu: Grüne Wohlfühlrepublik: Das Wahlprogramm der Partei
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Zentral sollen dabei gesetzliche Mindeststandards für die Forstwirtschaft sein, die für alle Waldbesitzer gelten sollen. Unter anderem sollen demnach Waldbesitzer Stämme nur noch einzeln aus dem Wald ernten können, "anstatt ganze Flächen auf einmal kahl zu schlagen", wie es im Papier heißt. Über diesen Mindeststandard hinaus wollen die Grünen außerdem über ein "Klimawaldförderprogramm" dafür sorgen, dass mehr Waldbesitzerinnen und -besitzer naturnahe Wälder wachsen lassen. Lesen Sie auch: Grüne: Baerbock kritisiert "Klima-Wirrwarr" der Union scharf
Anlass für das Papier ist der schlechte Zustand der deutschen Wälder: Nur noch ein Fünftel der Bäume dort, schreiben die Grünen, sei gesund. Durch mehr Risikostreuung, größere strukturelle Naturnähe und mehr Vielfalt an vorrangig heimischen Baumarten wollen sie die Wälder besser auf die in Zukunft steigende Belastung durch den Klimawandel vorbereiten.