Berlin. In Hochinzidenzgebieten wie Portugal oder dem Vereinigten Königreich sinkt die Zahl der Neuinfektionen wieder. Viele Fragen sind offen.
- Wegen der Delta-Variante und gelockerter Corona-Regeln hatte man für Großbritannien eigentlich mit steigenden Zahlen gerechnet
- Doch stattdessen entspannt sich die Lage aktuell – ähnlich ist die Situation in Portugal
- Nun stellt sich die Frage: Ist das bereits die Trendwende?
Manchmal hat Karl Lauterbach sogar gute Corona-Nachrichten parat. „Das ist wichtig“, twittert der SPD-Gesundheitsexperte, „ähnlich wie in Portugal scheint auch in UK die Zahl der Infektionen nicht mehr zu steigen“. Das macht Lauterbach nach eigenen Worten „hoffnungsvoll“. Der SPD-Politiker gibt zu bedenken: „Eine ähnliche Entwicklung hat es früh auch in Indien gegeben.“
Portugal wie das Vereinigte Königreich wurden mit der Delta-Variante von Sars-Cov-2 von der nunmehr vierten Welle erfasst. Schon im Mai stiegen die Zahlen.
RKI-Präsident Wieler: „Die vierte Welle hat begonnen“
Beide Staaten – dazu die Niederlande – hat der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, ebenfalls im Auge. Indes: als Risikobeispiele. Für eine Lageanalyse am Montag vor den Chefs der Staatskanzleien der Bundesländer griff Wieler auf schon zu dem Zeitpunkt drei Tage alte Daten zurück.
In Wahrheit deutete sich bereits da eine Trendwende an. Über die findet man in der RKI-Analyse, die unserer Redaktion vorliegt, freilich nicht ein Wort.
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Niederlande, UK, Portugal: Die Zahl der Neuinfektionen sinkt beträchtlich
Die Daten der Johns-Hopkins-Universität für die letzten sieben Tage zeigen: Gegenüber der Vorwoche ging die Zahl der Neuinfizierungen in den Niederlanden um 46 Prozent, in Großbritannien um 31 Prozent, in Portugal um fünf Prozent zurück. Offen ist, ob die Wende von Dauer ist und worauf sie zurückzuführen wäre. Was also kann die Beobachtung überhaupt für Deutschland verheißen?
Die größten Rätsel geben die Zahlen aus Großbritannien auf. Denn die britische Regierung gab vor zehn Tagen alle staatlichen Corona-Auflagen auf. Mit einem zeitlichen Verzug kann sich der Kurs der Öffnung durchaus noch rächen.
Frankreich, Italien, Deutschland: Hier steigen die Zahlen
In Frankreich, in Italien, in der Schweiz, auch in Deutschland steigen die Zahlen. Zuletzt warnte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor einer Inzidenz von 800 im Herbst. „Die vierte Welle hat begonnen“, sagte Wieler. Seit drei Wochen steigt die Zahl der Neuinfektionen, seit zwei Wochen der Anteil der Hospitalisierungen.
Auch Lauterbach ist sich sicher, dass die Zahlen im Herbst wieder steigen werden. „Im Moment fängt die Delta-Variante an, sich durchzusetzen“, erläuterte er unserer Redaktion. Die Lage sei derzeit aber noch begünstigt durch die Tatsache, dass sich die Menschen sehr viel im Freien aufhielten und die Schulen in vielen Regionen wegen der Sommerferien geschlossen seien.
Lauterbach prognostiziert deutlich steigende Fallzahlen im Herbst
„Sobald aber die Kinder aus dem Urlaub heimkehren und nach den Ferien wieder in den Schulen zusammenkommen, das Wetter im Herbst schlechter wird und die Menschen sich wieder verstärkt in geschlossenen Räumen aufhalten, werden wir deutlich steigende Fallzahlen sehen“, sagte er voraus.
In Deutschland lag die Inzidenz am Mittwoch bei 15, Tendenz (leicht) steigend. 2768 neue Positiv-Tests wurden dem RKI gemeldet, 565 mehr als vor einer Woche. In Großbritannien beträgt die Inzidenz 340, in den Niederlanden und Portugal etwas über 210. Tendenz sinkend.
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Eine höhere Impfquote könnte die sinkenden Zahlen erklären
Alle drei Länder haben früher als Deutschland die Corona-Auflagen gelockert. In jedem dieser Staaten gab es Ereignisse, die als Superspreading-Events in Verruf geraten sind. In den Niederlanden war es ein Outdoor-Festival in Utrecht, in Großbritannien die Fußball-Europameisterschaft, in Portugal wiederum das Champions-League-Finale und eine Meisterschaftsfeier, die aus dem Ruder lief.
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In Großbritannien beträgt die Impfquote (erste Dosis) 68,5 Prozent, in den Niederlanden 68,3, in Portugal 65,8 Prozent – in Deutschland 60,2 Prozent. Die Impferfolge würden erklären, warum die vierte Welle glimpflicher ausgehen könnte als befürchtet.
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Aber auch hier warnte Wieler vor zu viel Optimismus. Hohe Impfquoten reichten nicht aus, um die „vierte Welle flach zu halten“. Zusätzliche „Basisschutzmaßnahmen“ seien notwendig, vor allem: weniger Kontakte und Mobilität. Vorsorglich wollen Bund und Länder Reisenden schärfere Testpflichten auferlegen.
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