Berlin. Neurentner des Jahres 2020 erhalten weniger Geld Durchschnittsrentner. Bei der Suche nach den Gründen gehen die Meinungen auseinander.

Rentnerinnen und Rentner in Deutschland, die im Corona-Jahr 2020 in den Ruhestand eingetreten sind, erhalten eine Rente, die 5,4 Prozent unter der Durchschnittsrente liegt.

Das geht aus einer Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine schriftliche Anfrage des Fraktionschefs der Linken im Deutschen Bundestag, Dietmar Bartsch, hervor. Die Antwort aus dem Bundesarbeitsministerium liegt unserer Redaktion vor.

Rente: Neurentner erhalten im Schnitt 855 Euro netto

Demnach lag der durchschnittliche Rentenzahlbetrag im Jahr 2020 bei 904 Euro pro Monat. Rentner, die 2020 in Rente gegangen sind, kommen dagegen nur auf 855 Euro pro Monat.

Der Rentenzahlbetrag gibt an, was netto auf dem Konto der Rentnerinnen und Rentner ankommt, bei ihm sind Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge bereits abgezogen. Lesen Sie auch: Renten steigen im kommenden Jahr: Plus von 5,6 Prozent?

Strukturelle Unterschiede sorgen für Differenz bei Ost- und Westrenten

Wer in den ostdeutschen Bundesländern im vergangenen Jahr in Rente ging, erhält durchschnittlich 925 Euro netto, in den westdeutschen Bundesländern sind es 839 Euro. Die Durchschnittsrente liegt für Rentner aus Ostdeutschland bei 1044 Euro netto und bei Rentnern aus Westdeutschland bei 869 Euro netto.

Über den tatsächlichen Wohlstand der Ost- und West-Rentner sagen diese Zahlen allerdings wenig aus. Dass die Durchschnittsrenten der Ost-Rentner höher sind als die der West-Rentner, hat strukturelle Gründe.

In der früheren DDR gab es beispielsweise keine Beamten, alle Erwerbstätigen – auch Selbstständige – waren gesetzlich rentenversichert. Auch fließen Zusatzrenten in den Gesamtschnitt der Ost-Renten ein. Hinzu kommt, dass in der DDR die Erwerbsquote bei den Frauen deutlich höher lag als in Westdeutschland. Lesen Sie auch: Rente & Steuererklärung: Neue Regeln für Millionen Rentner

Relativ geringe Abschläge in Bayern

Verhältnismäßig geringe Abschläge im Vergleich zur Durchschnittsrente haben Rentner, die im vergangenen Jahr in Bayern in den Ruhestand eingetreten sind. Sie erhalten 873 Euro, der durchschnittliche bayerische Rentenbestand liegt der Antwort zufolge bei 901 Euro.

In Sachsen dagegen erhalten Rentner, die 2020 in Rente gegangen sind, 919 Euro, die Durchschnittsrente liegt im Freistaat dagegen bei 1.051 Euro. Lesen Sie hier: Rente: Das planen die Parteien für Ruheständler

Bartsch fürchtet „Lawine der Altersarmut“

„Dass Neurentner weniger Rente bekommen, zeigt deutlich, dass die jahrelangen Probleme auf dem Arbeitsmarkt immer mehr auf die Rente durchschlagen“, sagte Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch unserer Redaktion. Ohne höhere Löhne und ein Ende des Niedriglohnsektors drohe eine Lawine der Altersarmut, warnte der Linke-Politiker. „Es darf keine Löhne geben, die faktisch Hartz IV im Alter bedeuten“, sagte Bartsch.

In der Statistik der Durchschnittsrenten sind nach Auskunft der Bundesregierung alle Renten erfasst, also neben Altersrenten auch Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sowie Hinterbliebenenrenten. Da ein Rentenanspruch bereits nach einer Wartezeit von fünf Jahren entstehe, würden auch Kleinstrenten in die Statistik mit einfließen. Lesen Sie auch: Rente: Warum in Deutschland schon bald ein Kollaps droht

Rentenversicherung warnt vor pauschalem Vergleich

Entsprechend warnt auch die Deutsche Rentenversicherung vor einem zu pauschalen Vergleich. „Dem Rentenbestand und dem Rentenzugang liegen unterschiedliche Biografien, Häufigkeiten der verschiedenen Rentenarten und Rechtsstände zugrunde“, sagte ein Sprecher der Deutschen Rentenversicherung unserer Redaktion.

Das zeige bereits der Blick in die unterschiedlichen Rentenarten. So sei der Anteil der Erwerbsminderungs- und Altersrenten der Neurentner des Jahres 2020 „etwas höher beziehungsweise fast gleich hoch“ wie bei den Renten im Bestand. Witwen- und Witwerrenten seien dagegen im Bestand „deutlich höher“ als bei den Rentenneuzugängen des vergangenen Jahres, teilte der Sprecher mit. Auch interessant: Rente: Erhöhung 2022 trotz Corona möglich

Trotzdem lassen sich nach Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Gründe für die Unterschiede finden. So würden in den Rentenbestand beispielsweise auch Fälle von Rentnern einfließen, die noch nicht von Abschlagszahlungen betroffen waren. Bei Altersrenten wurden Abschläge 1997 eingeführt, bei Erwerbsminderungsrenten im Jahr 2001.