Berlin/München. Markus Söder will den Kampf um die Kanzlerkandidatur der Unionsparteien noch nicht aufgeben. Das könnte der CSU-Chef jetzt vorhaben.

Ein paar Stunden durfte sich Armin Laschet auf gutem Weg fühlen. Die Spitzengremien der CDU stärkten ihm am Vormittag breit den Rücken für die Kanzlerkandidatur. Gegen 14 Uhr trat der nordrhein-westfälische Ministerpräsident im Adenauer-Haus vor die Presse.

Er freue sich über das Vertrauen, alle Fakten lägen nun auf dem Tisch, eine schnelle Entscheidung der K-Frage sei wünschenswert. Dazu wolle er noch im Laufe des Tages mit Markus Söder telefonieren. Mancher in der CDU hoffte da noch darauf, dass damit auch in München der Groschen fallen und der CSU-Chef sein Kandidaturangebot zurückziehen würde.

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K-Frage: Söder will das Feld nicht räumen

Söder hatte es selbst angekündigt: „Wenn die CDU bereit wäre, mich zu unterstützen, wäre ich bereit. Wenn die CDU es nicht will, bleibt ohne Groll eine gute Zusammenarbeit.“ Die weitaus größere christdemokratische Schwester hat sich nun für Laschet entschieden, auch wenn es am Montag in den Gremien keine formelle Abstimmung gab.

Söder jedoch zeigt keinerlei Anzeichen dafür, das Feld zu räumen. Im Fernduell mit Laschet holte sich der bayerische Ministerpräsident erwartungsgemäß grünes Licht von den CSU-Gremien für seine Bewerbung. Und der Franke spielte kühl seinen größten Trumpf aus, den riesigen Vorsprung in Umfragen vor Laschet. Umfragen seien nicht alles, kokettierte er, aber ein deutlicher Maßstab.

Auch referierte Söder Unterstützungsbekunden aus mehreren CDU-Landesverbänden. Die Union könne sich nicht abkoppeln von der Mehrheit der Menschen im Land und die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur „10, 20, 30 Leuten“ in Parteigremien überlassen.

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CDU und CSU vor Bundestagwahlkampf: Söder treibt Laschet vor sich her

Söder also unterwirft sich dem CDU-Willen (noch) nicht. Ist er damit nicht wortbrüchig geworden? Das wies Söder weit von sich. Eine „breite Mehrheit“ in der CDU müsse aber bis zum Ende der Woche noch einmal dokumentiert werden. Söder versucht offensichtlich, weitere Truppen zu mobilisieren.

Bereits an dies em Dienstag in der Bundestagsfraktion hat er dazu Gelegenheit. Ein Problem für Söder: In Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) hat er keinen Unterstützer. Brinkhaus hat dem CSU-Chef nicht vergessen, dass er ihm beim Thema Grundrente in den Rücken fiel. So oder so verfestigt sich der Eindruck, Söder wolle Laschet vor sich hertreiben.

CDU: Auch Schäuble unterstützt Laschets Kandidatur

Der NRW-Ministerpräsident selbst hatte am Mittag noch erklärt, er sehe keinen Grund, sich zur Fraktionssitzung zuzuschalten und die K-Frage zu erörtern. Die Abgeordneten hätten mit dem neuen Infektionsschutzgesetz und der geplanten bundesweiten Notbremse genug zu tun. In diese Flanke grätschte Söder sofort hinein. Er habe den Eindruck, in der Fraktion gebe es Diskussionsbedarf, sagte Söder, der am Montag mit Laschet telefonierte und weitere Gespräche ankündigte.

CSU-Vorsitzender Markus Söder (CSU, hinten) neben Armin Laschet, CDU-Bundesvorsitzender.
CSU-Vorsitzender Markus Söder (CSU, hinten) neben Armin Laschet, CDU-Bundesvorsitzender. © dpa

Will die CSU in der K-Frage eine Eskalation mit der CDU riskieren? Söder beschwichtigte, ohne zurückzuweichen. Das scharfe Schwert einer Mitgliederbefragung – wo er Laschet mit ziemlicher Sicherheit überflügeln würde – zückte er nicht. Dafür reiche die Zeit nicht mehr. Die Gefahr einer Spaltung der Union bestehe darin, wenn „nur von oben“ entschieden werde, ohne die „Bewegung von unten mitzunehmen“.

Man könne Parteien nicht mehr per Basta führen, sagte Söder, der nach Ansicht vieler Beobachter die CSU jedoch genauso auf seine Linie getrimmt hat. Laschet, der Kandidat aus dem Hinterzimmer, Söder, der Volkstribun der Basis? So sieht es jedenfalls der CSU-Spitzenmann. „Man muss es vom Ergebnis her denken.“

CDU drängt auf schnelle Entscheidung der K-Frage

Wenn Söder am Sonntag die Hoffnung gehabt haben sollte, das eine oder andere Führungsmitglied der CDU könne sich angesichts der Umfragewerte auf seine Seite schlagen, so hatte er sich getäuscht. Im Präsidium betonten gleich mehrere Teilnehmer, dass die aktuellen Umfragen nicht die Kandidatenfrage beeinflussen sollen. Laschet wurde bescheinigt, „Meinungen zusammenzuführen, Haltung zu entwickeln und diese auch durchgehend zu vertreten“. Man sei sicher, dass Laschet die Union bis zur Wahl erfolgreich positionieren könne.

Auch der Vorsitzende der Jungen Union, Tilman Kuban, sprach sich für Laschet aus: „Wir sollten heute Armin Laschet ein starkes Verhandlungsmandat geben und geschlossen sein. Es braucht eine schnelle Entscheidung jetzt.“ „Das war Rückenwind für Armin Laschet“, sagte die CDU-Vizevorsitzende Silvia Breher unserer Redaktion über die Sitzung: „Alle wünschen sich eine schnelle Entscheidung und dass wir dann geschlossen mit der CSU in den Wahlkampf ziehen.“

Delegationen beider Präsidien von CDU und CSU sollen beraten

Auch im Bundesvorstand gab es große Unterstützung für Laschet. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble bescheinigte dem CDU-Chef, alles mitzubringen für die Herausforderungen einer Kanzlerkandidatur. Bereits in der Klausur am Sonntag hatte Schäuble sich dafür ausgesprochen, dass die Fraktion, in der die Stimmung weniger eindeutig ist, nicht in der K-Frage mitbestimmen sollte. Schäuble verwies auf das historische Beispiel, als die Fraktion gegen den Willen der CDU den bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß als Kandidaten der Union durchboxte. Dies habe zu einer tiefen Spaltung in der Union geführt. Kein einziger Redner warb für Söder als Kandidaten. Lesen Sie dazu: Der Führungsstreit in der Union hat Tradition

Derart gestärkt trat Laschet mittags vor die Presse. Er habe sich „sehr über die große Unterstützung“ gefreut, sagte er. Zugleich zeigte er sich offen, dass die gemeinsame Entscheidung auch in Form einer Zusammenkunft von Delegationen beider Präsidien von CDU und CSU kommuniziert werden könnte. Offenbar soll dies der CSU ermöglichen, Söder noch gesichtswahrend zurückzuziehen.

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