Düsseldorf. Ob Astrazeneca, Biontech oder Moderna: Bei der Corona-Impfung kann es zu Nebenwirkungen kommen. Welche sind bisher bekannt, was kann man tun?

Die Impfung gegen das Coronavirus kann zu unerwünschten Impf-Reaktionen führen. Die bisherigen Daten zeigen allerdings: Schwere Impfreaktionen oder Nebenwirkungen sind sehr selten, auch wenn der Impfstoff von Astrazeneca jüngst wieder Sorge ausgelöst hat, wegen vereinzelt aufgetretener Hirnvenenthrombosen. Womit muss man rechnen, wie oft wurden Komplikationen gemeldet? Einige Antworten:

Wie oft wurden bis dato unerwünschte Impf-Reaktionen gemeldet?

Bei 8,863 Millionen Corona-Impfungen in Deutschland zwischen dem Impfstart am 27. Dezember 2020 und dem 12 März 2021 wurden insgesamt 19.194 Verdachtsfälle von Nebenwirkungen bzw. Impf-Komplikationen gemeldet, berichtete jüngst das u.a. für Impfstoffe in Deutschland zuständige Paul-Ehrlich Institut (PEI). Damit liegt die Quote bei etwa 0,2 Prozent aller Impfungen. Dr. Jürgen Zastrow, einer von elf leitenden Impfärzten im Kölner Impfzentrum schätzt, dass etwa zehn Prozent der dortigen Geimpften im Anschluss an Ihre Impfung über unerwünschte Impf-Reaktionen klagten.

Welche unerwünschten Impf-Reaktionen wurden bisher beobachtet?

Während nach einer Corona-Impfung mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer Schmerzen an der Injektionsstelle, Kopfschmerzen und Ermüdung am häufigsten berichtet wurden, wurden nach Impfung mit dem COVID-19-Impfstoff Astrazeneca vor allem grippeähnliche Erkrankung, Schüttelfrost und Fieber gemeldet. Ein Hautausschlag als unerwünschte Reaktion fiel bei dem COVID-19-Impfstoff von Moderna auf, berichtete das PEI in seiner am 23. März veröffentlichten Übersicht über „Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen“.

Wie oft wurden Impf-Reaktionen als „schwerwiegend“ gemeldet?

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Unter den 19.194 Einzelfallberichten war es laut PEI in 11,9 Prozent zu „schwerwiegenden“ Impf-Reaktionen gekommen, die im Krankenhaus behandelt werden mussten. Das betraf 2287 Fälle bei insgesamt 8,863 Millionen erfolgten Corona-Impfungen.

Wie unterscheiden sich die Verdachtsfälle bezogen auf die drei bisherigen Impfstoffe?

Bezogen auf die jeweilige Gesamtzahl der Impfungen - wobei 1.- und 2-Impfung zusammengerechnet sind - ergeben sich aus den Daten des PEI mit Blick auf die drei Impfstoffe diese Werte: Beim Impfstoff von Biontech/Pfizer ergibt sich ein Anteil von 0,024 Prozent mit schwerwiegenden Impfreaktionen; bei Astrazeneca waren es 0,52 Prozent und bei Moderna 0,037 Prozent. Bezogen auf die jeweilige Gesamtzahl der Einzelfallmeldungen zum Verdacht von Nebenwirkungen ergibt sich eine andere Gewichtung: Bei AstraZeneca (Textlink) gab es mit 4,59 Prozent die wenigsten „schwerwiegenden“ Komplikationen, bei Biontech/Pfizer (Textlink) mit 16,4 Prozent die meisten.

Zu welchen allgemeinen Impfreaktionen kommt es?

„Die Impf-Reaktionen unterscheiden sich zum Großteil nicht von denen etwa einer Grippe-Impfung“, sagt Dr. Jürgen Zastrow, einer von elf leitenden Impfärzten in der Stadt Köln. Der Nadelstich verursache oft eine Rötung, es kann sich auch ein blauer Fleck bilden, laut Zastrow „medizinisch keine problematischen Reaktionen“. Auch kann es zu einer Gewebeschwellung an der Impfstelle kommen, was bereits 15 bis 20 Minuten nach der Impfung passieren könne, sagt Zastrow. Auch allergische Reaktionen wie „Halskratzen“ bis hin zu Asthma seien möglich, im Impfzentrum in Köln sei das jedoch „bisher nicht beobachtet worden“, sagt Zastrow.

Wie bewertet das Paul-Ehrlich-Institut die Impfreaktionen bei Astrazeneca?

„Bei den bisher gemeldeten Reaktionen handelt es sich um bekannte und in der Fachinformation aufgeführte systemische, vorübergehende unerwünschte Reaktionen“, schreibt das PEI (externer Link). „Diese Reaktionen treten in der Regel kurz nach der Impfung auf und sind nicht mit schwereren oder länger andauernden Erkrankungen verbunden. Die Art der unerwünschten Reaktionen spiegelt in der Regel die normale Immunantwort des Körpers auf die Impfung wider.“

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Wegen der jüngst aufgetretenen Fälle von Hirnvenenthrombosen wurde am 30. März beschlossen, die Impfung mit Astrazeneca in Deutschland vorläufig nurmehr für Menschen ab 60 Jahren fortzuführen. Vor allem in der Gruppe der 20- bis 29-jährigen Frauen zeichne sich mit Blick auf Thrombose-Fälle nach Astrazeneca-Impfungen ein zu gefährliches Verhältnis von Nutzen und Risiko ab. Die Uniklinik Köln empfahl ihren eigenen weiblichen Angestellten unter 55 Jahre bereits keine Impfung mehr mit Astrazeneca.

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Wie lange treten Impf-Reaktionen normalerweise auf?

„Wer nach zwei Tagen keine Impfreaktion hat, wie etwa Grippegefühl oder Kopfschmerzen, bekommt auch keine mehr“, sagt Mediziner Zastrow. Die Erfahrungen zeigten, dass derartige Reaktionen zwischen sechs und 48 Stunden nach der Impfung auftauchten.

Welche der zwei notwendigen Impfungen macht mehr Probleme?

"Interessanterweise hat sich in den klinischen Prüfungen gezeigt - und scheint sich jetzt in der Impfkampagne zu bestätigen -, dass bei den mRNA-Impfstoffen (von Biontech/Pfizer bzw. Moderna; Red.) die erste Impfung häufig ohne starke Reaktionen vertragen wird, während es nach der zweiten Impfdosis zu stärkeren Impfreaktionen kommt", sagt eine Sprecherin des Paul-Ehrlich-Institus auf Anfrage. Bei dem Vektorimpfstoff von Astazeneca dagegen wurden die meisten und stärksten Reaktionen nach der ersten Impfdosis beobachtet, während die zweite Dosis allgemein weniger Reaktionen hervorrief, berichtet die Sprecherin des PEI.

Hängt die Stärke von Nebenwirkungen vom Alter der Geimpften ab?

Die Sprecherin des PEI sagt: "Im Allgemeinen scheinen bei jüngeren Menschen bei allen COVID-19-Impfstoffen mehr und heftigere Reaktionen aufzutreten. Dafür gibt es viele Erklärungsansätze, aber an Spekulationen beteiligen wir uns nicht. Belege für bestimmte Gründe gibt es nicht."

Grippegefühl, Schüttelfrost - was kann man bei solchen unerwünschten Impf-Reaktionen tun?

Bei derartigen Reaktionen des Körpers empfehlen Mediziner erstmal Ruhe, ausreichend Flüssigkeit aufzunehmen und eventuell zu einfachen Schmerzmitteln wie Paracetamol oder Ibuprofen zu greifen. „Man sollte sich erstmal so verhalten, wie bei einer normalen Erkältung auch“, sagt Dr. Jürgen Zastrow. Sollten die Beschwerden länger als zwei Tage anhalten oder sich gar verschlimmern, „sollte man zum Arzt gehen“, sagt Zastrow.

Welche Impfreaktionen wurden beim umstrittenen Astrazeneca-Impfstoff vor allem beobachtet?

„In klinischen Prüfungen mit dem COVID-19-Impfstoff Astrazeneca waren die am häufigsten berichteten Impfreaktionen bei den Geimpften Druckempfindlichkeit an der Injektionsstelle (> 60 %), Schmerzen an der Injektionsstelle, Kopfschmerzen und Ermüdung (> 50%), Muskelschmerzen und Krankheitsgefühl (>40%), Fiebrigkeitsgefühl und Schüttelfrost (>30%), Gelenkschmerzen und Übelkeit (>20%). Häufig (zwischen 1% und 10%) traten Fieber >38°C, Schwellung und Rötung an der Einstichstelle, Übelkeit und Erbrechen auf. Gelegentlich (zwischen 0,1% und 1%) wurde über Lymphknotenschwellung, Juckreiz oder Hautausschlag berichtet“, teilte das PEI mit (externer Link).

Was weiß man bisher über den Zusammenhang von Hirnvenenthrombosen und dem Impfstoff von Astrazeneca?

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    "Die Komplikationen nach Impfung mit dem Astrazeneca Impfstoff sind erforscht und es wurde eine Therapie entwickelt", teilte Ende März Prof. Andreas Greinacher von der Universität Greifwald mit. Wissenschaftler hatten Blutproben von Betroffenen untersucht und haben zusammen mit europäischen Forschern und dem Paul-Ehrlich-Institut eine Therapie entwickelt. Als Ursache der Komplikationen wurde herausgefunden: "Der Abwehrstoff, der sich in seltenen Fällen nach der Impfung bildet, aktiviert die Blutplättchen. Diese agieren dann wie bei einer Wundheilung und lösen Thrombosen im Gehirn aus." Als Therapie schlagen die Wissenschaftler "intravenöses Immunglobulin" vor. Die Therapie sei nach Einschätzung der Forscher "an jedem mittelgroßen Krankenhaus anwendbar" und dauere zwei Tage. Da die Erkenntnisse inzwischen an Kliniken "breit gestreut" übermittelt worden seien, könne aus Sicht von Greinacher "weiter mit Astrazeneca geimpft werden". Mehr Informationen hat die Universität Greifswald hier veröffentlicht (externer Link).

    Welche Impfreaktionen wurden beim Impfstoff von Biontech/Pfizer beobachtet?

    Das Paul-Ehrlich-Institut berichtet aus den Ergebnissen der klinischen Studien, die vor der Zulassung des Impfstoffs erfolgt waren: Bei Geimpften wurden „sehr häufig Schmerzen an der Einstichstelle (> 80 % der Geimpften), Abgeschlagenheit (> 60 %), Kopfschmerzen (> 50 %), Muskelschmerzen und Frösteln (> 30 %), Gelenkschmerzen (> 20 %), Schwellungen an der Injektionsstelle und Fieber (> 10 %) beobachtet. Erbrechen trat häufig auf (> 1 %), Lymphknotenschwellungen gelegentlich (weniger als 1 %).“

    Welche Impfreaktionen wurden beim Moderna-Impfstoff beobachtet?

    Bei COVID-19 Vaccine Moderna waren die am häufigsten berichteten Impfreaktionen bei Geimpften in den klinischen Studien laut dem Paul-Ehrlich-Institut „Schmerzen an der Einstichstelle (mehr als 90%), Abgeschlagenheit (70 %), Kopf- und Muskelschmerzen (mehr als 60%), Gelenkschmerzen und Schüttelfrost (mehr als 40%), Übelkeit oder Erbrechen (mehr als 20%), Lymphknotenschwellung in der Achselhöhle, Fieber, Schwellung und Rötung an der Einstichstelle (jeweils mehr als 10%). Häufig (zwischen 1% und 10%) wurde über allgemeinen Ausschlag sowie Ausschlag und Nesselsucht an der Einstichstelle berichtet. Gelegentlich (zwischen 0,1% und 1%) trat Juckreiz an der Einstichstelle auf.“

    Wann gibt es weitere Impfstoffe gegen Covid-19?

    Als Nächstes sollen ab Mittel April die ersten Chargen des Impfstoffs vom Hersteller Johnson & Johnson auch bei uns verteilt werden. Insgesamt 36,7 Millionen Impfdosen sind für Deutschland bestellt. Der größte Unterschied zu den bisherigen drei Vakzinen: Eine einzige Impfdosis reicht. Zudem kann der Impfstoff bei normalen Kühlschranktemperaturen gelagert werden, heißt es. Berichte über schwere allergische Reaktionen, wie sie bei Biontech und Moderna vereinzelt auftraten, lägen bei dem J&J-Mittel bislang nicht vor, heißt es. Leichtere Impf-Nebenwirkungen wie Schmerzen an der Einstichstelle, Müdigkeit und Kopfschmerzen traten in den klinischen Studien im Vorfeld der Zulassung häufiger bei jungen als bei älteren Menschen auf.

    Wie sollte man sich vor dem Impftermin verhalten?

    Die Berichte über Hirnvenenthrombosen als eine mögliche aber sehr seltene Nebenwirkung beim Impfstoff von AstraZeneca führen auch zu Angst beim Impftermin, sagt Dr. Jürgen Zastrow. „Bei manchen unserer Besucher bricht plötzlich der Kreislauf zusammen, weil sie vor dem Termin nichts gegessen hatten, mitunter aus Sorge vor möglichen Nebenwirkungen bzw. Impf-Reaktionen“. Daher gilt: Anders als bei manchen ärztlichen Untersuchungen sollte man vor der Impfung ausreichend gegessen und Flüssigkeit zu sich genommen haben, sagt Zastrow.

    Wo kann man Komplikationen nach einer Corona-Impfung melden?

    Nach dem zwischenzeitlichen Impfstopp für den Corona-Impfstoff von AstraZeneca beobachten Ärzte, dass Geimpfte nach ihrer Impfung „sehr genau in sich hinein hören“, sagt Prof. Dr. Martin Köhrmann, stellvertretender Direktor der Klinik für Neurologie am Uniklinikum Essen (Textlink). In Notaufnahmen in Essen würden daher aktuell vermehrt Geimpfte über Kopfschmerzen klagen. „Viele suchen Rat und Hilfe, und wir sind auch da für die Bevölkerung“, sagt Köhrmann. Wer unsicher ist, sollte sich zuerst an seine Hausarztpraxis wenden und die Symptome schildern. Beim Paul-Ehrlich-Institut kann man mögliche Nebenwirkungen auch online melden (externer Link).

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