An Rhein und Ruhr. In NRW werden nur fünf bis zehn Prozent der Proben sequenziert - trotz steigender Mutationszahlen. Verbände sehen dringenden Handlungsbedarf.
Das Vorgehen der NRW-Regierung, trotz steigenden Anteils der Mutationen nur einen Bruchteil der positiven Tests gezielt auf neue Corona-Varianten zu untersuchen, sorgt bei Verbänden für Kritik. „Es zeigt sich wieder, dass NRW partout einen anderen Weg gehen will“, betont Eugen Brysch, Vorstand der Deutsche Stiftung Patientenschutz im Gespräch mit der NRZ. „In diesem Fall ist das ein falscher.“ Es werde Zeit, zumindest Krankenhäuser und die Pflege genauer in den Blick zu nehmen. „Die Landesregierung hat dafür zu sorgen, diese landesweite Sequenzierung zu bezahlen“, sagte Brysch.
Corona- Warum prüft NRW nicht alle Tests auf Mutationen?Hintergrund der Kritik ist, dass die Landesregierung an ihrem Kurs festhält: Außer den vom Bund vorgeschriebenen fünf bis zehn Prozent aller positiven Proben werden in NRW keine weiteren Sequenzierungen durchgeführt – anders als in Baden-Württemberg. Dort hatte die Politik Anfang Februar angekündigt, künftig sämtliche positiven Tests zu sequenzieren.
Mutationen: Einige NRW-Städte setzen auf Typisierungen
Brysch vermutet hinter der NRW-Strategie Kalkül: „Die Landesregierung propagiert das politische Ziel der Öffnung. Sie scheint deswegen wenig Interesse daran zu haben, wie der Infektionsverlauf tatsächlich ist.“ Auch Helmut Dedy, Geschäftsführer des Städtetags NRW, äußert Zweifel: „Die NRW-Städte sehen mit Sorge auf die steigende Zahl an Infektionen, die durch mutierte Coronaviren ausgelöst werden.“ Leider habe die Politik ihre Teststrategie aber bislang nicht angepasst. „Vor allem muss geklärt werden, wie häufig und aus welchen Anlässen Sequenzierungen von Proben auf Mutationen vorzunehmen sind“, so Dedy. Viele Gesundheitsämter würden Abstriche bereits aufwendig auf verschiedene Virus-Varianten untersuchen. „Wir brauchen jedoch landesweit standardisierte Verfahren, um Mutationen durch genauere Testungen festzustellen.“
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Städte wie Duisburg, Oberhausen oder Düsseldorf führen flächendeckende Typisierungen durch. Auch das NRW-Gesundheitsministerium wirbt für den Einsatz sogenannter Punktmutations-Tests. Sie lieferten im Gegensatz zu Sequenzierungen „deutlich schnellere“ Hinweise und ermöglichten eine effektive Nachverfolgung von Virusmutationen. Das Problem: Sie sind ungenauer als Sequenzierungen und können nur punktuell auf bereits bekannte Mutationen prüfen.
>>> Hintergrund: Sequenzierungen
Bei einer Genomsequenzierung wird das Erbgut des Erregers komplett entschlüsselt. Dieser Prozess ermöglicht eine exakte Analyse der jeweiligen Virus-Variante. Bei der Typisierung können Forscher die Probe lediglich punktuell auf bereits bekannte, nicht aber auf neue Virus-Mutationen prüfen.